EuGH: Verbot der Beteiligung reiner Finanzinvestoren an einer Rechtsanwaltsgesellschaft ist zulässig

Das Vorabentscheidungsersuchen des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs (BayAGH) betrifft konkret einen Fall, in dem eine österreichische Gesellschaft, die nicht zur Rechtsberatung zugelassen ist, einen Teil des Gesellschaftskapitals einer in Deutschland tätigen Rechtsanwaltsgesellschaft erworben hat. Der BayAGH war im Zweifel, ob § 59e BRAO a.F., wonach Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft nur Rechtsanwälte und Angehörige der in § 59a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 genannten Berufe sein können, den EU-Vorgaben entspricht. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem heutigen Urteil die in Rede stehenden nationalen Vorgaben als mit EU-Recht vereinbar erklärt.

Dürfen sich Finanzinvestoren an einer anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaft beteiligen? Oder in Bezug auf den Vorlagefall gefragt: Darf eine österreichische Gesellschaft (in der Rechtsform einer GmbH), die nicht zur Rechtsberatung zugelassen ist, einen Teil des Gesellschaftskapitals einer in Deutschland tätigen Rechtsanwaltsgesellschaft erwerben? Nach den bis Ende Juli 2022 geltenden BRAO-Vorgaben lautet die Antwort nein. 

Anmerkung: Mit einer Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung zum 1. August 2022 wurde die Möglichkeit auf Angehörige weiterer freier Berufe erweitert.

Entscheidung des EuGH

Der Gerichtshof antwortet auf die Vorlagefragen, dass das Unionsrecht - genauer der freie Kapitalverkehr und die Dienstleistungsrichtlinie, welche die Niederlassungsfreiheit konkretisiert - einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der es unzulässig ist, dass Geschäftsanteile an einer Rechtsanwaltsgesellschaft auf einen reinen Finanzinvestor übertragen werden, und die bei Zuwiderhandlung den Widerruf der Zulassung der Gesellschaft zur Rechtsanwaltschaft vorsieht.

Diese Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Kapitalverkehrs ist durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Ein Mitgliedstaat kann nämlich legitimerweise davon ausgehen, dass ein Rechtsanwalt nicht in der Lage wäre, seinen Beruf unabhängig und unter Beachtung seiner Berufs- und Standespflichten auszuüben, wenn er einer Gesellschaft angehörte, zu deren Gesellschaftern Personen zählen, die ausschließlich als reine Finanzinvestoren handeln, ohne den Rechtsanwaltsberuf oder eines anderen, vergleichbaren Berufes auszuüben. Eine solche Beschränkung gehe nicht über das hinaus, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist, so der EuGH in seiner Urteilsbegründung.

Fundstelle

EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2024 (C-295/23) Halmer Rechtsanwaltsgesellschaft. – Hierzu: EuGH-Pressemitteilung Nr. 202/24 vom 19.12.24.

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.

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