Neue Gesellschafter bei einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands einer grundbesitzenden Personengesellschaft
Wird eine an der grundbesitzenden Personengesellschaft mittelbar beteiligte Personengesellschaft in die Gesellschafterstruktur eingefügt (Verlängerung der Beteiligungskette), ohne dass sich die Gesellschafter geändert haben, ist kein neuer Gesellschafter der grundbesitzenden Personengesellschaft im Sinne von § 1 Abs. 2a Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes hinzugekommen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Gesellschafter der Y-KG, die über die X-KG an der grundbesitzenden Klägerin (ebenfalls eine KG) beteiligt war, waren fünf natürliche Personen. In einer aus dem Dezember 2015 stammenden notariellen Urkunde wurde u.a. vereinbart, dass zwei Gesellschafter ihre Anteile von jeweils 20 % (insgesamt 40 %) an der Y-KG in eine neu zu gründende Personengesellschaft (S-KG), an der sie jeweils zu 50 % als Kommanditisten beteiligt waren, einbringen. Die in der notariellen Urkunde für die S-KG vorgesehene Unterschriftszeile blieb dabei allerdings leer.
Gleichwohl wurde die S-KG als Kommanditistin der Y-KG im März 2016 ins Handelsregister eingetragen; eine Berichtigung erfolgte erst im Januar 2018 (nach Ergehen des u.g. Feststellungsbescheids) dergestalt, dass die Einbringenden weiterhin Kommanditisten der Y-KG waren. Daneben kam es mit Blick auf die Beteiligungen der übrigen drei Gesellschafter der Y-KG und deren Beteiligung i.H.v. 60 % an der Y-KG unstreitig zu Anteilsbewegungen auf neue Gesellschafter i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG.
Das Finanzamt sah durch die Umstrukturierung den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG als erfüllt an und erließ einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer.
Die Klage vor dem Finanzgericht München hatte keinen Erfolg.
Entscheidung des BFH
Der BFH hat der Revision stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.
Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt (§ 1 Abs. 2a Satz 2 GrEStG). Nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm sind Personengesellschaften danach als transparent anzusehen.
Bei mehrstöckigen Personengesellschaften ist auf allen Ebenen der beteiligten Personengesellschaften durchzuschauen und sind dortige Veränderungen der jeweiligen Beteiligungsverhältnisse in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei sind nur diejenigen Veränderungen in den Beteiligungsverhältnissen relevant, durch die solche Rechtsträger neu beteiligt werden, an denen keine gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen bestehen können ‑‑natürliche und juristische Personen außer Kapitalgesellschaften‑‑ (BFH, Urteil vom 24.04.2013 - II R 17/10, BStBl II 2013, 833, Rz 18).
Bei mehrstöckigen Personengesellschaften hat sich durch die Einfügung des neuen Satz 2 in § 1 Abs. 2a GrEStG durch das Steueränderungsgesetz 2015 als Reaktion des Gesetzgebers auf das BFH-Urteil vom 24.04.2013 - II R 17/10 ergangen ist, hinsichtlich der Beurteilung von mittelbaren Änderungen des Gesellschafterbestands einer grundbesitzenden Personengesellschaft nichts geändert. Es ist entgegen der Auffassung des Finanzamts weiterhin eine wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgebend.
Wird eine an der grundbesitzenden Personengesellschaft mittelbar beteiligte Personengesellschaft in die Gesellschafterstruktur eingefügt, ohne dass sich die Rechtsträger, an denen keine gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen bestehen können, geändert haben, ist kein neuer Gesellschafter der grundbesitzenden Personengesellschaft hinzugekommen. Die neu zwischengeschaltete, mittelbar an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligte Personengesellschaft stellt selbst ‑entgegen der Auffassung des Finanzamts (vgl. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG vom 10.05.2022, BStBl I 2022, 801, Beispiel unter 5.3.2)‑ keinen "neuen Gesellschafter" im Sinne von § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG dar.
Der Übergang von 40 % der Anteile an der mittelbar zu 100 % an der Klägerin beteiligten X KG auf die W KG erfüllt den Tatbestand dieser Norm nicht, da die zuvor an der X KG zu 40 % beteiligten AB und CB nach der Abtretung weiterhin mittelbar zu 40 % über die W KG an der Klägerin beteiligt waren. Die W KG ist nicht als neue Gesellschafterin der grundbesitzenden Klägerin im Sinne des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG anzusehen.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 21. August 2024 (II R 16/22), veröffentlicht am 23. Januar 2025.
Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.