Auswirkungen einer rechtsträgerübergreifenden Übertragung stiller Reserven nach § 6b EStG auf die Ermittlung des Kapitalkontos nach § 15a EStG bei der übernehmenden Personengesellschaft

Die gesellschafterbezogene und rechtsträgerübergreifende Übertragung stiller Reserven nach § 6b EStG führt durch die (erfolgsneutrale) Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Reinvestitionswirtschaftsguts bei der übernehmenden Personengesellschaft dazu, dass sich das Kapitalkonto im Sinne von § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG in Höhe der übertragenen stillen Reserven reduziert. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Streitig ist, ob die gesellschafterbezogene und rechtsträgerübergreifende Übertragung von stillen Reserven auf Anschaffungs- und Herstellungskosten von im Gesamthandsvermögen einer KG angeschafften Reinvestitionswirtschaftsgütern nach § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) das Kapitalkonto des Kommanditisten im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG bei der übernehmenden Personengesellschaft mindert.

Die Klage vor dem Niedersächsischen Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Der im Streitjahr anteilig dem Kläger zuzurechnende Gesamthandsverlust unterfällt der Verlustverwertungsbeschränkung nach § 15a Abs. 1 und Abs. 4 EStG, da dieser ein negatives Kapitalkonto des Klägers im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG erhöhte. Bei der Ermittlung des Kapitalkontos des Klägers hat das FG zutreffend berücksichtigt, dass die Übertragung der stillen Reserven von der A GbR auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Grundstücks der I KG bei dieser zu einer Minderung des Kapitalkontos des Klägers geführt hat.

Bei der Bestimmung des Kapitalkontos des Kommanditisten im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG ist nach ständiger Rechtsprechung neben der Gesamthandsbilanz auch die Ergänzungsbilanz zu berücksichtigen, in der regelmäßig der Mehr- oder Minderaufwand eines Gesellschafters gegenüber dem in der Gesamthandsbilanz ausgewiesenen Aufwand abgebildet wird.

Danach führen nicht nur Einlagen oder Entnahmen zu einer Veränderung des steuerlichen Kapitalkontos im Sinne des § 15a EStG, sondern auch der in der Steuerbilanz erfasste Mehr- oder Minderaufwand eines Gesellschafters. 

Demgegenüber bleibt das Kapitalkonto aus den für die Kommanditisten gebildeten Sonderbilanzen außer Ansatz.

Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das Finanzgericht zutreffend angenommen, dass die kapitalmindernde Wirkung der Übertragung von stillen Reserven, für die eine § 6b EStG-Rücklage gebildet worden ist, bei der Ermittlung des für den Kläger bei der I KG geführten Kapitalkontos im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG zu berücksichtigen ist.

Die Übertragung der stillen Reserven in den Jahren 2001 und 2002 auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Grundstücks A und des darauf errichteten Gebäudes führte zu einer Kapitalminderung in der Steuerbilanz der I KG, da in dieser Höhe ein Betrag von den Anschaffungskosten des Grund und Bodens sowie von den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes abgezogen worden ist.

Die aus einer § 6b EStG-Rücklage auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Reinvestitionswirtschaftsguts einer anderen Personengesellschaft übertragenen stillen Reserven stellen bei dieser nichts anderes als gesellschafterbezogene Minderanschaffungskosten dar, die zwangsläufig das dort geführte steuerliche Kapitalkonto reduzieren.

Die nach § 6b EStG übertragenen stillen Reserven sind nicht (erhöhend) bei der Berechnung des Kapitalkontos im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG zu berücksichtigen.

Die Nichtberücksichtigung von stillen Reserven gilt ‑wie der BFH bereits mit seinem Urteil vom 18.05.2017 - IV R 36/14 (BStBl II 2017, 905) zu erkennen gegeben hat‑ nicht nur für im Betriebsvermögen gebildete und nicht aufgedeckte stille Reserven, sondern auch für aufgedeckte und nach § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG wieder abgezogene stille Reserven.

Die (einmalige) Erfassung des Minderkapitals auf einem Sonderkonto bei der Übertragung von stillen Reserven nach § 6b EStG rechtfertigt es nicht, ausnahmsweise stille Reserven für Zwecke der Ermittlung des Kapitalkontos nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG "außerbilanziell" hinzuzurechnen.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 12. Dezember 2024 (IV R 24/22), veröffentlicht am 6. Februar 2025.

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