Pauschale Ausgleichszahlungen für Verluste bei öffentlichen Verkehrsmitteln unterliegen nicht der Mehrwertsteuer

In einer aktuellen Entscheidung hat sich der Europäische Gerichtshof mit der Frage befasst, wie die Subventionierung eines Steuerpflichtigen durch eine im öffentlichen Interesse handelnde Gebietskörperschaft (hier die Bereitstellung öffentlicher Verkehrsmittel) für Mehrwertsteuerzwecke zu behandeln ist. Der Gerichtshof entschied, dass sich ein solcher Ausgleich nicht unmittelbar auf den Preis der erbrachten Beförderungsleistungen auswirkt, da er in erster Linie dazu dient, die mit dieser Tätigkeit verbundenen Verluste zu decken.

Hintergrund

Der vorliegende Fall betrifft einen Vorabentscheidungsbescheid der lokalen Steuerbehörde, die zuungunsten von P. (der im Bereich der Personenbeförderung tätig ist) entschieden hat. Die kollektiven öffentlichen Verkehrsdienste von P. werden auf der Grundlage eines Vertrags erbracht, der zwischen einer lokalen Behörde, die als Organisator fungiert und die Preise für die Fahrkarten festlegt, und P., der als Betreiber auftritt, geschlossen wurde. Da die insbesondere durch den Verkauf von Fahrkarten erzielten Einnahmen nicht ausreichen, um die Kosten dieser Dienstleistungen zu decken, zahlt die Gebietskörperschaft an P. eine pauschale Ausgleichszahlung, deren Höhe den Betrag nicht überschreiten darf, der dem Fehlbetrag dieser Dienstleistungen entspricht. Nach Ansicht von P. erhöht die Entschädigung die Steuerbemessungsgrundlage nicht, da sie sich nicht unmittelbar auf den Preis der erbrachten Dienstleistungen auswirkt, sondern einen Beitrag zu allen Kosten der geplanten Tätigkeit darstellt. In einem Steuervorbescheid vertrat die lokale Steuerbehörde eine gegenteilige Auffassung.

Entscheidung des EuGH

Der EuGH stellte fest, dass ein Ausgleich für finanzielle Verluste, dessen Höhe sich nicht nach der Zahl der Nutzer, sondern nach den angebotenen Fahrzeugkilometern unter Bezugnahme auf einen Pauschalsatz richtet, keine Gegenleistung für eine Dienstleistung an die zahlende Gebietskörperschaft darstellt. Ein solcher Ausgleich stellt auch keine Gegenleistung eines Dritten zugunsten bestimmter Nutzer des öffentlichen Verkehrs dar, da er sich nicht unmittelbar, sondern allenfalls mittelbar auf die Preiskalkulation des subventionierten Unternehmens auswirkt.

Eine Ausgleichsleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende wird dem Betreiber nicht speziell dafür gezahlt, dass er eine Beförderungsdienstleistung für einen bestimmten Dienstleistungsempfänger erbringt; sie hat auch keinen Einfluss auf den vom Dienstleistungsempfänger zu zahlenden Preis, da dieser Preis nicht so festgesetzt wird, dass er sich entsprechend der dem Betreiber gewährten Ausgleichsleistung verringert. Die Ausgleichsleistung wird hingegen nachträglich gewährt und ist von der konkreten Nutzung der Beförderungsdienstleistungen unabhängig; vielmehr stellt sie auf die angebotenen Fahrzeugkilometer ab. Eine solche Ausgleichsleistung fällt daher nicht unter den Begriff „unmittelbar mit dem Preis … zusammenhängende Subventionen“ im Sinne von Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie.

In diesem Zusammenhang hat das vorlegende Gericht unter Verweis auf das EuGH-Urteil vom 27. März 2014 Rechtssache Le Rayon d’Or, C151/13 (Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung) gefragt, ob eine Ausgleichsleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende als eine von einem Dritten erhaltene Gegenleistung im Sinne von Art. 73 anzusehen ist. In dieser Rechtssache bestand jedoch ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Pflegeleistungen zugunsten der Bewohner einer Beherbergungseinrichtungen für ältere hilfsbedürftige Menschen und der an diese Einrichtung gezahlte finanzielle Gegenleistung, die sich nach der erhaltenen Behandlung und der Zahl der betroffenen Bewohner richtete. Im vorliegenden Fall jedoch kommen die öffentlichen Personenverkehrsdienste aber nicht Personen zugute, die klar identifiziert werden können, sondern allen potenziellen Fahrgästen. Darüber hinaus wird die Ausgleichsleistung ohne Berücksichtigung der Identität und der Anzahl der Nutzer der erbrachten Dienstleistung berechnet.

Fundstelle

EuGH, Urteil vom 8. Mai 2025 in der Rechtssache C-615/23 - Dyrektor Krajowej Informacji Skarbowej (Services de transport public).

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