Gewerbesteuerrechtliche Zurechnung des Gewinns aus der Anteilsveräußerung bei doppelstöckigen Personengesellschaften; Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags bei Beendigung einer atypisch stillen Beteiligung
Der § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG unterfallende Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils an der Oberpersonengesellschaft ist nicht auf die stillen Reserven der Oberpersonengesellschaft und die stillen Reserven der Unterpersonengesellschaft aufzuteilen. Es handelt sich vielmehr um einen einheitlichen Veräußerungsvorgang auf der Ebene der Oberpersonengesellschaft. Eine Kürzung des Gewinns aus der Veräußerung des Anteils an der Oberpersonengesellschaft nach § 9 Nr. 3 Satz 2 GewStG kommt auch dann nicht in Betracht, wenn die Unterpersonengesellschaft, nicht aber die Oberpersonengesellschaft, Handelsschiffe im internationalen Verkehr betreibt. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Oberpersonengesellschaft (GmbH & Co. KG), die im Streitjahr 2016 als jeweils einzige Kommanditistin an zwei Unter-KG beteiligt war, die beide Handelsschiffe im internationalen Verkehr betrieben. Zum 31.12.2015 wurden für die Klägerin verrechenbare Verluste nach § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG und vortragsfähige Gewerbeverluste nach § 10a Satz 6 GewStG bei beiden Unter-KG gesondert festgestellt.
Mit Vertrag vom 15.9.2016 veräußerte die einzige Kommanditistin der Klägerin (A-KG) ihren Kommanditanteil sowie ihren Anteil an der Komplementär-GmbH der Klägerin rückwirkend zum 1.7.2016 an B.
Die Klage vor dem Finanzgericht Bremen hatte keinen Erfolg (siehe unseren Blogbeitrag).
Entscheidung des BFH
Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz im Wesentlichen angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Allerdings hat das Finanzamt den Gewerbesteuermessbetrag für das Streitjahr ‑‑vom Finanzgericht unbeanstandet‑‑ für das (gesamte) Kalenderjahr festgesetzt, ist aber zugleich davon ausgegangen, dass sich B im Zeitraum vom 01.01. bis zum 30.06.2016 an der Klägerin als atypisch stiller Gesellschafter beteiligt habe. In diesem Fall hätte der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags ein abgekürzter Erhebungszeitraum im Sinne des § 14 Satz 3 GewStG zugrunde gelegt werden müssen. Die Sache ist insoweit nicht spruchreif und daher an das FG zurückzuverweisen,
Der § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG unterfallende Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils an der Oberpersonengesellschaft ist nicht auf die stillen Reserven der Oberpersonengesellschaft und die stillen Reserven der Unterpersonengesellschaft aufzuteilen. Es handelt sich vielmehr um einen einheitlichen Veräußerungsvorgang auf der Ebene der Oberpersonengesellschaft.
Der Gewerbeertrag der Oberpersonengesellschaft unterliegt im Hinblick auf den Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an der Oberpersonengesellschaft auch insoweit nicht der Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG, als der Veräußerungsgewinn auf stille Reserven der Unterpersonengesellschaft entfällt.
Eine Kürzung des Gewinns aus der Veräußerung des Anteils an der Oberpersonengesellschaft nach § 9 Nr. 3 Satz 2 GewStG kommt auch dann nicht in Betracht, wenn die Unterpersonengesellschaft ‑‑nicht aber die Oberpersonengesellschaft‑‑ Handelsschiffe im internationalen Verkehr betreibt.
Beteiligt sich ein atypisch stiller Gesellschafter an einer Personengesellschaft, ist das Unternehmen der Personengesellschaft für die Dauer des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft dieser (weiteren) Mitunternehmerschaft zugeordnet (Bestätigung der Rechtsprechung). Die Personengesellschaft unterhält in diesem Zeitraum einen Gewerbebetrieb als Oberpersonengesellschaft.
Wird die atypisch stille Beteiligung unterjährig beendet, hat die Personengesellschaft in einem Kalenderjahr nacheinander verschiedene Gewerbebetriebe, so dass für die beiden abgekürzten Erhebungszeiträume (§ 14 Satz 3 GewStG) jeweils ein Gewerbesteuermessbetrag festzusetzen ist.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 8. Mai 2025 (IV R 9/23), veröffentlicht am 10. Juli 2025.