Korrespondierende Bilanzierung und Wertberichtigung von Darlehensforderungen im Sonderbetriebsvermögen bei Betriebsaufgabe einer gewerblich geprägten Personengesellschaft

Der Umstand, dass eine KG gewerblich geprägt ist, steht der Teilwertabschreibung einer wertlosen Darlehensforderung des Gesellschafters gegen die KG vor deren Vollbeendigung nicht entgegen, wenn wegen einer Betriebsaufgabe der KG die Grundsätze korrespondierender Bilanzierung nicht mehr eingreifen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, hielt als alleinige Kommanditistin 100 % der Anteile an der im Jahr 2011 gegründeten L-KG. Komplementärin und Geschäftsführerin der L-KG war die Beigeladene. Geschäftsführer der Beigeladenen ist K. Die Beigeladene ist zudem die nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligte Komplementärin der Klägerin, deren alleiniger Kommanditist wiederum K ist. Zum 31.12.2014 schied die Beigeladene als Gesellschafterin der L-KG aus und das Vermögen der L-KG wuchs der Klägerin als einziger verbliebener Gesellschafterin an. Das Erlöschen der L-KG wurde im Jahr 2015 im Handelsregister eingetragen. Im Februar 2017 teilte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Finanzamt mit, dass die Beigeladene zum 31.12.2014 aus der L-KG ausgeschieden sei.

Unternehmensgegenstand der L-KG war nach ihrem Gesellschaftsvertrag der Betrieb von Gaststätten und gastronomischen Unternehmen aller Art, insbesondere der Gaststätte L in A-Stadt, sowie die Planung und Ausführung von Veranstaltungen und Großevents aller Art. Die L-KG betrieb seit ihrer Gründung den L.

Die L-KG meldete den Betrieb des L im August 2012 bei der Stadt B-Stadt als gewerbliche Tätigkeit ab. Die Klägerin war Inhaberin einer Darlehensforderung gegenüber der L-KG, welche in der Sonderbilanz der Klägerin bei der L-KG zum 31.12.2012 ausgewiesen wurde.

Im Rahmen einer Außenprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass die L-KG ihre betriebliche Tätigkeit zum 31.08.2012 aufgegeben habe. Daher sei das zu diesem Zeitpunkt negative Kapitalkonto im Sinne des § 15a EStG der Klägerin bei der L-KG aufzulösen und der Klägerin in dieser Höhe ein Aufgabegewinn zuzurechnen.

Im Anschluss an die Außenprüfung erließ das Finanzamt für die Streitjahre geänderte Gewinn- und Verlustfeststellungsbescheide und stellte erstmalig einen Aufgabegewinn fest, welchen das Finanzamt mit den in gleicher Höhe bestehenden verrechenbaren Verlusten gemäß § 15a EStG saldierte.

Die Klage vor dem Finanzgericht Münster hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben, die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen, soweit es die Gewinnfeststellung für die Jahre 2012 bis 2014 betrifft. Im Übrigen wurde die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht hat zu Recht eine Betriebsaufgabe der L-KG gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG bejaht. Das Finanzgericht stützt seine Annahme, dass die L-KG den Restaurantbetrieb des L zum 31.08.2012 eingestellt habe, zum einen darauf, dass die L-KG sowohl gegenüber dem FA als auch gegenüber der Stadt B-Stadt die Beendigung des Restaurantbetriebs des L zum 31.08.2012 erklärt habe. Diese Würdigung des Inhalts der Erklärungen der L-KG ist naheliegend und verstößt daher weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze.

Stellt ein Unternehmen seine werbende gewerbliche Tätigkeit ein, so liegt darin aber nicht notwendigerweise eine Betriebsaufgabe. Die Einstellung kann auch nur als Betriebsunterbrechung zu beurteilen sein, die den Fortbestand des Betriebs unberührt lässt. 

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze ist das Finanzgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass die L-KG ihren Betrieb zum 31.08.2012 dauerhaft eingestellt und nicht nur zeitweise unterbrochen hat. Die L-KG habe ‑‑so das Finanzgericht‑‑ zum 31.08.2012 den Restaurantbetrieb des L eingestellt, und es habe auch nicht festgestellt werden können, dass die L-KG nach dem 31.08.2012 eine andere ‑‑gegebenenfalls nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als gewerblich zu behandelnde‑‑ Tätigkeit tatsächlich ausgeübt oder die Absicht hierzu bestanden habe.

Aufgrund der Betriebsaufgabe ist zum einen das negative Kapitalkonto der Klägerin zum 31.08.2012 aufzulösen. Dies führt in festgestellter Höhe zu einem der Klägerin zuzurechnenden Aufgabegewinnanteil im Sinne des § 16 Abs. 3 EStG.

Gegenstand des Aufgabegewinnanteils eines Kommanditisten ist nicht nur der Teil des negativen Kapitalkontos, der auf ausgleichsfähige Verluste zurückzuführen war, sondern sind auch die vom Kapitalkonto abgesetzten und nach § 15a EStG lediglich verrechenbaren Verluste.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze ist das negative Kapitalkonto der Klägerin auf den 31.08.2012 aufzulösen und der sich daraus ergebende ‑‑der Höhe nach zwischen den Beteiligten auch unstreitige‑‑ Ertrag als Aufgabegewinn im Sinne des § 16 Abs. 3 EStG zu erfassen. Der Aufgabegewinnanteil der Klägerin aus der Auflösung ihres negativen Kapitalkontos bei der L-KG ist mit ihren verrechenbaren Verlusten nach § 15a EStG zu verrechnen.

Ein Verlustanteil des Kommanditisten bei negativem Kapitalkonto ist nicht mehr anzuerkennen, soweit bei Aufstellung der Bilanz nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag ‑‑im Streitfall der Aufgabezeitpunkt‑‑ feststeht, dass ein Ausgleich des negativen Kapitalkontos mit künftigen Gewinnanteilen des Kommanditisten nicht mehr in Betracht kommt. Denn dann sinkt der rechtliche und wirtschaftliche Gehalt des Verlustanteils des Kommanditisten zur Bedeutungslosigkeit herab. Der Verlust ist in diesem Fall und zu diesem Zeitpunkt auf die persönlich haftenden Gesellschafter und auf die übrigen Kommanditisten ‑‑auf diese allerdings nur bis zur Höhe ihrer Kapitalanteile und ihrer noch rückständigen Einlagen‑‑ nach dem Verhältnis zu verteilen, das dem für die Verteilung eines Jahresverlustes geltenden Schlüssel entspricht (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10.11.1980 - GrS 1/79, BStBl II 1981, 164, unter C.I.6. [Rz 63]; vgl. auch BFH-Urteile vom 30.03.2017 - IV R 3/15, Rz 41; vom 26.09.1996 - IV R 105/94, BStBl II 1997, 277, unter 3. [Rz 18]).

Das Finanzgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das negative Kapitalkonto der Klägerin im Rahmen dieser Betriebsaufgabe aufzulösen ist und dies zu einem Aufgabegewinn führt, der mit den verrechenbaren Verlusten der Klägerin zu saldieren ist, und dass die nach der Betriebseinstellung im Gesamthandsbereich entstandenen Verluste der L-KG nicht (mehr) anteilig der Klägerin zuzurechnen sind.

Das Urteil des Finanzgerichts ist wegen der angefochtenen Gewinnfeststellungen für 2012 bis 2014 jedoch aufzuheben, da es rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Klägerin in den Streitjahren kein Verlust aus einer Teilwertabschreibung der ‑‑bis zur Betriebsaufgabe der L-KG im Sonderbetriebsvermögen der Klägerin gehaltenen‑‑ Darlehensforderung gegenüber der L-KG entstanden sei.

Ansprüche eines Gesellschafters aus einer gegenüber der Personengesellschaft bestehenden Darlehensforderung gehören zwar nicht zu dem in der Gesellschaftsbilanz (Gesamthandsbilanz) auszuweisenden Eigenkapital, wohl aber zum Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters, das in der aus Gesellschaftsbilanz und Sonderbilanzen zu bildenden Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft als Eigenkapital behandelt wird. Auch wenn feststeht, dass eine solche Darlehensforderung wertlos ist, weil sie von der Gesellschaft nicht beglichen werden kann, folgt aus der Behandlung als Eigenkapital, dass eine Wertberichtigung während des Bestehens der Gesellschaft regelmäßig nicht in Betracht kommt. Das Imparitätsprinzip gilt insoweit nicht.

Vielmehr wird dieser Verlust im Sonderbetriebsvermögen ‑‑ebenso wie der Verlust der Einlage in das Gesellschaftsvermögen‑‑ grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerstellung, also beim Ausscheiden des Gesellschafters oder bei Beendigung der Gesellschaft realisiert (BFH-Urteile vom 16.11.2023 - IV R 28/20, BStBl II 2024, 258, Rz 35; vom 16.03.2017 - IV R 1/15, BStBl II 2017, 943, Rz 39, m.w.N.).

Anders als das Finanzgericht meint, steht der Verlustrealisierung bei Wertlosigkeit einer Darlehensforderung im Sonderbetriebsvermögen im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe der Gesellschaft ‑‑im Streitfall der L-KG‑‑ deren Organisationsform als eine gewerblich geprägte Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht entgegen.

Gegen die Auffassung des Finanzgerichts spricht bereits der Sinn und Zweck des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Die Auffassung des Finanzgerichts steht auch im Widerspruch zu der ständigen Rechtsprechung des BFH, wonach es im Fall einer vorherigen Beendigung der gewerblichen Tätigkeit der Gesellschaft auf den Zeitpunkt der Vollbeendigung einer Gesellschaft nicht ankommt (BFH-Urteil vom 05.06.2003 - IV R 36/02, BFHE 202, 395, BStBl II 2003, 871, unter III.2.h [Rz 38], m.w.N.).

Die Sache ist an das Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Denn die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang und in welchem Streitjahr die als Sonderbetriebsverluste geltend gemachten Aufwendungen danach zu berücksichtigen sind, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts nicht entscheiden.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 12. Juni 2025 (IV R 28/22), veröffentlicht am 14. August 2025.

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