Update: BMF: Entwurf eines Gesetzes zur Förderung privater Investitionen und des Finanzstandorts (Standortfördergesetz)
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 22. August 2025 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Förderung privater Investitionen und des Finanzstandorts (Standortfördergesetz) veröffentlicht.
Hintergrund
Der Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode sieht zur Erhöhung des Wirtschaftswachstums eine Investitionsoffensive und gezielte Strukturreformen vor, insbesondere durch steuerliche Impulse für private Investitionen und Bürokratiekostenabbau (Stärkung privater Investitionstätigkeit als Wachstumshebel). Dazu sollen die Rahmenbedingungen für private Investitionen verbessert und der Finanzplatz Deutschland insgesamt gestärkt werden.
Ziel des Gesetzentwurfs ist es daher, in Umsetzung des Koalitionsvertrags private Investitionen insbesondere in Infrastruktur und erneuerbare Energien sowie in kleinere Unternehmen und Start-ups (Venture Capital) zu fördern. Der Gesetzentwurf ist Teil des Sofortprogramms, auf das sich die Bundesregierung am 28. Mai 2025 verständigt hat.
Schwerpunkt des Gesetzes bilden Maßnahmen zur Verbesserung der Finanzierungsbedingungen von Unternehmen und für einen wettbewerbsfähigeren Finanzstandort. Dies sind insbesondere:
- Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten für kleine Unternehmen und Start-ups,
- Förderung von Investitionen von Fonds in erneuerbare Energien und Infrastruktur,
- Maßnahmen zum Abbau von Bürokratie im Finanzmarktbereich, ohne das Verbraucherschutzniveau abzusenken, insbesondere Verschlankung aufsichtlicher Prozesse bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), sowie
- standortfreundliche Implementierung von kapitalmarktrechtlichen EU-Rechtsakten (insbesondere Listing Act, ESAP, MIFIR Review)
Im Steuerrecht sind u.a. folgende Maßnahmen vorgesehen:
(1) Einkommensteuergesetz
- Anhebung des Höchstbetrags für die Übertragung von stillen Reserven aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften auf Reinvestitionen in § 6b Abs. 10 EStG (sogenannter Roll-over) von derzeit 500.000 EUR auf 2.000.000 EUR. Die Anhebung des Höchstbetrages soll erstmals auf Gewinne aus der Ver-äußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften anzuwenden sein, die in nach dem Tag nach der Verkündung beginnenden Wirtschaftsjahren entstanden sind. Die Erhöhung des Höchstbetrags war bereits im Zweiten Zukunftsfinanzierungsgesetz vorgesehen, das in der letzten Legislaturperiode jedoch nicht abgeschlossen wurde.
(2) Investmentsteuergesetz
- Nach dem neu eingefügten § 1 Abs. 2 Satz 2 InvStG soll es für die Qualifikation als Investmentfonds unschädlich sein, dass ein Investmentvermögen gehaltene Vermögensgegenstände aktiv unternehmerisch bewirtschaftet. Um Wettbewerbsverzerrungen zu körperschaftsteuerpflichtigen Unternehmen zu vermeiden, sollen die Besteuerungsregelungen für Investmentfonds und Spezial-Investmentfonds so geändert werden, dass eine Befreiung von der Körperschaftsteuer ausge-schlossen und somit eine Ertragsbesteuerung auf Fondsebene sichergestellt wird (siehe Änderungen der §§ 8, 10 und 33 InvStG).
- Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 InvStG n.F. sollen zu den inländischen Beteiligungseinnahmen nun auch Einkünfte gehören, die über eine Personengesellschaft er-zielt werden. Nur wenn die inländischen Beteiligungseinnahmen der inländischen Betriebsstätte einer gewerblichen Personengesellschaft zuzurechnen sind, wer-den sie nach § 6 Abs. 5 Satz 2 InvStG n.F. den sonstigen inländischen Einkünften zugeordnet. Bei gewerblich infizierten oder gewerblich geprägten Personenge-sellschaften eröffnet § 6 Abs. 5 Satz 3 InvStG dem Investmentfonds die Möglichkeit nachzuweisen, dass die Einkünfte aus der vermögensverwaltenden Tätigkeit stammen. Ebenso sollen nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 InvStG n.F. die inländischen Immobilienerträge, die ein Investmentfonds über die Beteiligung an Personengesellschaften erzielt, und die aus einer vermögensverwaltenden Tätigkeit oder aus einer ausländischen Betriebsstätte der Personengesellschaft stammen, den Einkünften nach § 6 Abs. 4 InvStG zugeordnet werden.
§ 6 Abs. 5a InvStG n.F. soll Fälle regeln, in denen nicht von einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung auszugehen ist. - Bislang ist in § 7 Absatz 4 Satz 2 InvStG geregelt, dass die Statusbescheinigungen mit einer maximalen Gültigkeitsdauer von drei Jahren ausgestellt werden dür-fen. Der neu gefasste § 7 Absatz 4 Satz 2 InvStG soll demgegenüber nur bei erstmaliger Bescheinigung eine bis zu dreijährige Geltungsdauer vorsehen. Dage-gen sollen bei Folgebescheinigungen die Statusbescheinigungen für einen Gültigkeitszeitraum von bis zu 5 Jahren ausgestellt werden können.
- Durch die Erweiterung des § 15 Abs. 2 Satz 2 InvStG soll die Ausnahme von der Gewerbesteuerpflicht von Investmentfonds auf Beteiligungen an bestimmten Gesellschaften, wie z.B. Immobilien-Gesellschaften und Infrastruktur-Projektgesellschaften, erweitert werden.
- Vorgesehen sind weitere Änderungen bei den Spezial-Investmentfonds. Durch die Änderung des § 26 Nr. 4 lit. h InvStG sollen Spezial-Investmentfonds zukünftig Investmentanteile an allen Arten von inländischen oder ausländischen Investmentfonds erwerben dürfen und nach § 33 Abs. 4 Satz 3 InvStG n.F. soll sich der Spezial-Investmentfonds bei sonstigen inländischen Einkünfte nach § 6 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 und 3 InvStG nicht mehr von seiner Körperschaftsteuerpflicht befreien lassen können.
Update (4. Dezember 2025)
Die Bundesregierung hat sich in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates v. 21.11.2025 wie folgt zu den Forderungen des Bundesrates geäußert:
· Ablehnung der geforderten Streichung des Sammelpostens gem. § 6 Abs. 2a EStG. Vielmehr sollten künftig die Anwendungsbereiche von GWG und der Regelung zum Sammelposten klar aufeinander abgestimmt werden, wodurch der Sammelposten wesentlich aufgewertet wird. Eine entsprechende Änderung des § 6 Abs. 2 und Abs. 2a EStG soll einem kommenden, thematisch passenderen Gesetzgebungsverfahren vorbehalten bleiben. Dabei wird die Bundesregierung auch eine Anhebung der GWG-Grenzen prüfen.
· Prüfung des Bundesrat-Vorschlags mit Blick auf eine Einführung einer Bagatellgrenze bei zu hoher Steuerfreistellung für das Kurzarbeitergeld nach § 3 Nr. 2 Buchstabe a EStG für die Anzeigepflicht nach § 41c Abs. 4 Satz 1 EStG. Eine etwaige Änderung soll dann in einem kommenden, thematisch passenderen Gesetzgebungsverfahren erfolgen.
· Prüfung der geforderten Regelung zur teilentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG in Reaktion auf die BFH-Rechtsprechung. Nach der Forderung des Bundesrates soll bei Übertragungen gegen ein Entgelt, das niedriger ist als der gemeine Wert, eine quotale Aufteilung des Buchwerts erfolgen. Dabei soll sich der dem entgeltlichen Teil zugeordnete Buchwertanteil aus dem Verhältnis des Entgelts zum gemeinen Wert ergeben. Die Frage der Anwendung der strengen Trennungstheorie i.R.v. § 6 Abs. 5 EStG ist allerdings Gegenstand eines derzeit anhängigen Verfahrens beim BFH. Dieses Verfahren soll laut Bundesregierung abgewartet werden, bevor es zu einer gesetzlichen Regelung kommt.
· Prüfung des Vorschlags des Bundesrates, wonach Einzahlungen über den Nennbetrag in Kapitalgesellschaften, optierende Gesellschaften oder Genossenschaften zur Vermeidung von Gestaltungsmissbrauch gleichmäßig auf alle vom Steuerpflichtigen gehaltenen Anteile – einschließlich neuer Anteile aus Kapitalerhöhungen – aufzuteilen sind. Die vorgeschlagene Regelung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1c EStG-E) soll die bereits für wesentliche Beteiligungen im Privatvermögen geltende Missbrauchsbekämpfungsregelung auf Beteiligungen im Betriebsvermögen ausdehnen. Eine entsprechende Änderung soll jedoch in einem kommenden, thematisch passenderen Gesetzgebungsverfahren erfolgen.
· Zustimmung zur Forderung des Bundesrates in Reaktion auf das Urteil des BFH I R 12/22 den Anwendungsbereich des § 8b Abs. 6 Satz 2 KStG um „freie Sparkassen“ (in Rechtsform einer Kapitalgesellschaft) zu erweitern. Die Erweiterung soll grundsätzlich ab dem VZ 2026 Anwendung finden. Mit einer Antragsmöglichkeit soll sichergestellt werden, dass § 8b Abs. 6 Satz 2 KStG in der am 1.1.2026 geltenden Fassung auf Sparkassen privaten Rechts, bei denen die Anwendung des § 8b Abs. 1 bis 5 KStG per Saldo zu ihren Gunsten wirkt, entsprechend der bisherigen Verwaltungspraxis auch in früheren Veranlagungszeiträumen Anwendung finden kann. Der Antrag soll unwiderruflich sein und für alle noch nicht bestandskräftig veranlagten Zeiträume gelten.
Ablehnung der Forderung nach einer gesetzlichen Regelung mit Blick auf die steuerliche Einordnung von Beteiligungskapitalfonds als noch vermögensverwaltend bzw. bereits gewerblich tätig. Nach Auffassung der Bundesregierung gäbe es bereits mit dem sog. PE-Erlass (BMF-Schreiben v. 16.12.2003, BStBl. I 2004, S. 40) eine rechtssichere und klare Vorgabe für diese Qualifizierung
Update (18. Dezember 2025)
Das Standortfördergesetz steht für den 19.12.2025 auf der Tagesordnung des Bundestages. Aus steuerlicher Sicht haben u.a. die Forderung des Bundesrates zur Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 8b Abs. 6 Satz 2 KStG um „freie Sparkassen“ sowie eine Folgeanpassung in § 2 Abs. 9 InvStG mit Blick auf die Immobilienfondsquote aufgrund einer Änderung in § 12 Abs. 2 REITG Eingang in den Gesetzentwurf gefunden.
Fundstelle
Referentenentwurf eines Gesetzes zur Förderung privater Investitionen und des Finanzstandorts.


