EuGH: Bearbeitung der Mehrwertsteuererstattung für nicht in der Union ansässige Käufer
In einem ungarischen Vorabentscheidungsersuchen hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Bearbeitung der Erstattung der Mehrwertsteuer für nicht in der Europäischen Union ansässige Käufer mehrwertsteuerpflichtig ist und der vereinbarte Preis für die Dienstleistung ein Bruttopreis inklusive der Steuer ist.
Die Klägerin verkaufte Waren an Nicht-EU-Käufer, die diese Waren noch am selben Tag ausführten. Die Barzahlungsrechnungen für diese Käufe trugen den Vermerk „Mehrwertsteuer abgerechnet“. Nach der Ausfuhr erstattete die Klägerin den Käufern den gesamten auf der Rechnung ausgewiesenen Mehrwertsteuerbetrag und stellte die entsprechende Auszahlungsquittung aus. Für die Bearbeitung der Mehrwertsteuererstattung stellte sie den nicht in der Union ansässigen Käufern eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 15 % der erstatteten Mehrwertsteuer in Rechnung. In ihren Mehrwertsteuererklärungen wies die Klägerin die Einnahmen aus diesen Bearbeitungsgebühren als Entgelt für steuerbefreite Leistungen aus.
Die erstinstanzliche Steuerbehörde lehnte eine Steuerbefreiung ab und wies alle geltend gemachten Befreiungsgründe der Klägerin zurück. Konkret ging es u. a. um die Frage, ob der erforderliche unmittelbare Zusammenhang dafür bestehe, die betreffende Dienstleistung als eine Nebenleistung zu einer Ausfuhr anzusehen.
Die Vorlagefragen hat der EuGH wie folgt beantwortet:
Die Bearbeitung der Erstattung der Mehrwertsteuer, die nicht in der Europäischen Union ansässige Käufer beim Erwerb von Gegenständen gezahlt haben, die sie anschließend nach Orten außerhalb der Union befördert haben, ist eine eigenständige, von der entsprechenden steuerbefreiten Lieferung von Gegenständen unabhängige Dienstleistung, die mehrwertsteuerpflichtig ist. Eine solche Dienstleistung fällt nicht unter die in der MwStRL vorgesehene Steuerbefreiung.
Nach dem Grundsatz des Vertrauensschutzes ist es der Steuerverwaltung nicht verwehrt, bestimmte Dienstleistungen nachträglich der Mehrwertsteuer zu unterwerfen, wenn sie die Mehrwertsteuererklärungen des Steuerpflichtigen über mehrere Jahre hinweg geprüft und akzeptiert hat, ohne die Einstufung dieser Leistungen als von der Mehrwertsteuer befreite Leistungen zu beanstanden, und den Steuerpflichtigen nicht über die Änderung der geltenden nationalen Rechtsvorschriften, die in ihrer früheren Fassung diese Leistungen ausdrücklich zu den von der Mehrwertsteuer befreiten Tätigkeiten zählten, informiert hat.
Art. 73 und 78 der MwStRL stehen der Praxis der Steuerverwaltung eines Mitgliedstaats entgegen, die davon ausgeht, dass die als Gegenleistung für eine Dienstleistung der Bearbeitung der Mehrwertsteuererstattung in Rechnung gestellten Beträge, d. h. die Bearbeitungsgebühren, Nettobeträge sind, in denen die Mehrwertsteuer nicht enthalten ist, wenn der Lieferer seine Leistung als steuerbefreit angesehen hat und es ihm offensichtlich unmöglich ist, den von der Steuerverwaltung geforderten Mehrwertsteuerbetrag von den Käufern der von der Mehrwertsteuer befreiten Gegenstände nachträglich zurückzufordern.
Fundstelle
EuGH, Urteil vom 1. August 2025 in der Rechtssache C‑427/23 - Határ Diszkont.