EuGH-Schlussanträge: Aufteilungsgebot bei unselbständiger Nebenleistung zur ermäßigt besteuerten Beherbergung

Sind Nebenleistungen und Dienstleistungen, die nicht unmittelbar dem Zweck der kurzfristigen Beherbergung dienen von dem hierfür geltenden ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 Umsatzsteuergesetz ausgeschlossen? Diese Frage gilt es aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des Bundesfinanzhofs in drei Fällen zu klären. Für den Generalanwalt ist fraglich, ob die unterschiedlichen Nebenleistungen in den drei Verfahren tatsächlich insgesamt steuerbare Umsätze im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie darstellen.

Ausgangslage und Vorlagefrage

Müssen das Frühstück oder andere Nebenleistungen von Hotels und ähnlichen Einrichtungen, die eine kurzfristige Beherbergung anbieten, getrennt von der Beherbergungsleistung besteuert werden, oder können sie als Nebenleistungen zu demselben, niedrigeren Satz wie die Hauptleistung besteuert werden? Diese Frage hat der BFH in drei verbundenen Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet (Blogbeitrag vom 12. September 2024).

Während der BFH anfänglich der Ansicht war, dass sich durch einige vergangene EuGH-Urteile an der Zulässigkeit selektiver ermäßigter Steuersätze nicht grundlegend etwas ändere, habe jedoch die Aussage in Rn. 33 des Urteils Stadion Amsterdam erhebliche Zweifel daran geschürt, wonach eine einheitliche Leistung, die aus einem Haupt- und einem Nebenbestandteil bestehe, nur zu dem für den Hauptbestandteil geltenden Satz zu besteuern sei.

Schlussanträge von Generalanwalt Ćapeta

Der Generalanwalt (GA) ist der Auffassung, dass die Mehrwertsteuerrichtlinie (MwStRL) einer nationalen Regelung wie § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG nicht entgegensteht.

Vorab stellt der GA fest, dass sich die Frage nach dem korrekten Steuersatz nicht stellt, wenn Nebenleistungen zur Vermietung von Unterkünften kostenlos (nicht gegen Entgelt) angeboten werden, da diese Umsätze nicht steuerbar sind. In den Vorlagefällen betreffe dies den Zugang zum Fitness- und Wellnessbereich sowie WLAN (Rechtssache C411/24) sowie die Nutzung des Parkplatzes (C-409/24), die - vorbehaltlich der abschließenden Prüfung durch das vorlegende Gericht - kostenfrei bzw. kostenlos angeboten worden sind.

Insofern hat der GA die Fragen des vorlegenden Gerichts auf der Grundlage der Rechtssache C410/24 beantwortet, welche die Bereitstellung von Frühstück betrifft, für das eindeutig ein Entgelt geleistet wurde. Dieses Aufteilungsgebot stehe den einschlägigen Vorschriften in der MwStRL nicht entgegen.

Erstens, so der GA, steht das durch die fragliche deutsche Regelung eingeführte Aufteilungsgebot in Einklang mit dem Sinn und dem Regelungsbereich von Art. 98 Abs. 1 und 2 MwStRL. Nach dieser Bestimmung können die Mitgliedstaaten den ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf bestimmte Arten von Leistungen anwenden, und zwar aus unterschiedlichen Gründen. Der Grund für den ermäßigten Steuersatz für das Gewerbe der kurzfristigen Beherbergung liegt eindeutig in der Förderung des Tourismus. Die Beherbergung und Frühstück stellen keine untrennbare Leistung dar. Viele Hotels bieten diese beiden Leistungen getrennt an. Selbst wenn sich eine Beherbergungsleistung, bei der nicht die Möglichkeit geboten wird, auf das Frühstück zu verzichten, in den Augen des Verbrauchers als eine einheitliche Leistung darstellen kann, ist dies kein ausreichender Grund, um den nationalen Gesetzgeber daran zu hindern, den ermäßigten Steuersatz auf eine identifizierbare und abtrennbare Leistung zu beschränken.

Zweitens fördert die vorgeschlagene Lösung die steuerliche Neutralität. Sie verhindert, dass Beherbergungsbetriebe einen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber anderen Wirtschaftsteilnehmern erlangen, die vergleichbare Dienstleistungen anbieten, wie z. B. Bars, Brasserien, Parkhäuser, Wellnesseinrichtungen, Internet-Cafés usw.

Das besagte EuGH-Urteil Stadion Amsterdam ändere daran nichts (Schlussanträge, Rz 83).

Fundstelle

EuGH, Schlussanträge vom 25. September 2025 in den verbundenen Rechtssachen C-409/24 - J GmbH, C410/24 - D GmbH und C-410/24 - Blapp.

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