Beschleunigte Genehmigungsverfahren beim Immissionsschutz: Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) in Kraft getreten

Nach monatelangem Ringen ist am 9. Juli 2024 das Gesetz zur Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz, zur Beschleunigung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren und zur Umsetzung von EU-Recht in Kraft getreten.

Es sieht weitreichende Neuerungen zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren durch gestraffte und digitale Verfahren sowie verkürzte Bearbeitungsfristen vor.  

Nach der Intention des Gesetzgebers sollen durch die Novelle primär die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Dadurch sollen insbesondere Erneuerbare-Energie-Anlagen schneller ausgebaut werden, um das im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegte Ziel der Treibhausgasneutralität zu erreichen.

Die Novellierung zielt auf eine vollständige Digitalisierung der Genehmigungsverfahren ab. Die Genehmigungsbehörden werden berechtigt, elektronische Antragstellungen zu verlangen und technische Vorgaben zu definieren (§ 10 Abs. 1 BImSchG). Die öffentliche Bekanntmachung sowie Auslegung haben verpflichtend im Internet zu erfolgen (§ 10 Abs. 3 Satz 1 und 3 BImSchG). Sofern der Antragsteller jedoch die Gefährdung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen oder wichtiger Sicherheitsbelange befürchtet, kann er der Veröffentlichung im Internet widersprechen (§ 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG). Das Format der Onlinekonsultation als Erörterungstermin soll das Verfahren vereinfachen und beschleunigen, wobei auch Video- oder Telefonkonferenzen möglich sind (§ 10 Abs. 6 Satz 2 BImSchG).

Darüber hinaus sind weitreichende Regelungen zur Verfahrenserleichterung und -verkürzung vorgesehen. Im Rahmen der Behördenbeteiligung wird die frühe Stichtagsregelung von einem Monat zur Abgabe von Stellungnahmen auf Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ausgeweitet – diese Frist kann nicht verlängert werden. Bleibt eine Stellungnahme aus, kann die zuständige Behörde entweder zu Lasten der zu beteiligenden Behörde ein Sachverständigengutachten einholen oder selbst Stellung nehmen (§ 10 Abs. 5 BImSchG).  

Die behördliche Entscheidungsfrist für Genehmigungsanträge beträgt sieben Monate, in vereinfachten Verfahren drei Monate. Eine einmalige Fristverlängerung um bis zu drei Monate ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich und muss gegenüber dem Antragsteller begründet werden. Eine weitere Verlängerung ist nur auf Antrag oder mit Zustimmung des Antragstellers möglich. Über jede Fristüberschreitung hat die zuständige Behörde ihre Aufsichtsbehörde zu informieren (§ 10 Abs. 6a BImSchG).

Die Behörde hat die eingereichten Unterlagen innerhalb eines Monats auf Vollständigkeit zu prüfen. Die Vollständigkeitsprüfung ist in § 7 Abs. 1 der 9. BImSchV geregelt. Die Genehmigungsfrist nach § 10 Abs. 6a Satz 1 BImSchG beginnt mit Ablauf der Frist zur Vollständigkeitsprüfung zu laufen, soweit die Behörde den Antragsteller nicht zur Ergänzung des Antrags auffordert. Fordert die Behörde den Antragsteller zur Antragsergänzung auf, läuft die Frist mit Eingang der behördlich erstmalig angeforderten Unterlagen. Eine Legaldefinition zur Vollständigkeit von Unterlagen, wie sie von der Rechtsprechung entwickelt wurde, findet sich nunmehr in § 7 Abs. 2 der 9. BImSchV, ebenso eine Definition des Vollständigkeitsdatums.  

Ein Erörterungstermin soll in der Regel bei bestimmten Vorhaben nicht mehr stattfinden, es sei denn, der Antragsteller beantragt deren Durchführung. Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 der 9. BImSchV gilt dies für die Errichtung oder Änderung von Windenergieanlagen an Land sowie Anlagen zur Herstellung oder zur Speicherung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien – wobei letztere in unmittelbar räumlichem Zusammenhang mit Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien stehen müssen.  

Die Genehmigungsbehörde soll nach dem neu eingefügten § 2b der 9. BImSchV in jeder Stufe des Verfahrens auf Antrag oder mit Zustimmung des Vorhabenträgers und auf dessen Kosten einen Dritten als Projektmanager mit der Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten beauftragen. Die Regelung orientiert sich maßgeblich an bereits bestehenden Vorschriften für Projektmanager aus der Fachplanung (vgl. z. B. § 43g EnWG, § 17a AEG).

Insgesamt bietet die BImSchG-Novelle erhebliches Beschleunigungspotenzial bei der Genehmigung von Neu- und Bestandsanlagen. Die Digitalisierung des Genehmigungsverfahrens, Verfahrensstraffung der Behördenbeteiligung, zügige Entscheidungsfristen, der mögliche Wegfall eines Erörterungstermins sowie der Einsatz eines Projektmanagers bieten das Potenzial, die Industrie bei der Verwirklichung ihrer Vorhaben zu entlasten. So haben sich Instrumente wie die digitale Antragseinreichung und Veröffentlichung der Antragsunterlagen bereits während der Corona-Pandemie ganz überwiegend bewährt. Es bleibt aber abzuwarten, inwieweit die Behörden genügend personelle Ressourcen vorhalten können, um die Instrumente praktisch umzusetzen.  

Falls Sie Fragen zur BImSchG-Novelle oder der Genehmigungsbeschleunigung Ihres Vorhabens – auch mittels Beauftragung eines Projektmanagers haben – sprechen Sie uns jederzeit gerne an. 

Ansprechpartnerin
RAin Dr. Jutta Mues

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