Keine Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen eines Gesundheitszentrums

Werden Leistungen eines Gesundheitszentrums unabhängig von einem medizinisch diagnostizierten Krankheitsbild erbracht, fehlt diesen nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs eine therapeutische Zweckbestimmung, so dass es sich nicht um steuerfreie Krankenhausbehandlungen oder steuerfreie ärztliche Heilbehandlungen handelt.

Die Klägerin betrieb in den Streitjahren (2009 bis 2011) ein Gesundheitszentrum mit einer Kapazität von über 200 Betten; es waren u.a. zwei Ärzte sowie sieben Krankenschwestern (in Teilzeit) angestellt. Bei dem Gesundheitszentrum handelte es sich nicht um ein sog. Akutkrankenhaus, sondern um eine Einrichtung, die der Gesundheitsvorsorge dient. Der Aufenthalt dort ist nicht von einem ärztlichen Befund abhängig, sondern der Gast bucht das Gesamtangebot zu einem Festpreis. Eine Konzessionierung als Privatklinik nach § 30 der Gewerbeordnung (GewO) lag für das Gesundheitszentrum vor. Es bestand jedoch kein Versorgungsvertrag mit dem Verband der Krankenkassen und dem Verband der Ersatzkassen. Ein Antrag auf Aufnahme in den Krankenhausplan für die Fachgebiete Orthopädie und Innere Medizin war abgelehnt worden. Das Finanzamt versagte wegen des fehlenden Versorgungsvertrags die Umsatzsteuerbefreiung aufgrund der ab 2009 geltenden (und diesbezüglich geänderten) Rechtslage. Zu Recht, wie die gerichtlichen Instanzen einstimmig entschieden. Und dies nicht allein deswegen, weil das Angebot nicht nur Behandlungen der Ärzte und von Physiotherapeuten, sondern auch Wellnessangebote, Wanderungen und Quizabende (!) umfasste. Der BFH legt in seinem Urteil die Gründe für die Versagung der Steuerfreiheit dar, wodurch der alte Rechtsgrundsatz wieder einmal Bestätigung findet: „Gesetzeskunde erleichtert die Rechtsfindung“.

Nationales Recht

Nach § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) sind steuerfrei Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Nach § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 UStG sind die in Satz 1 bezeichneten Leistungen auch steuerfrei, wenn sie von einer privaten Einrichtung z.B. im Rahmen einer Zulassung bzw. eines Vertrags nach dem Sozialgesetzbuch erbracht wird.

Die obersten Steuerrichter sehen die Voraussetzungen der Steuerbefreiung bereits deswegen nicht als gegeben, weil es sich bei der Klägerin weder um eine Einrichtung des öffentlichen Rechts i.S. von Satz 1 der Vorschrift handelte noch die Voraussetzungen des Satz 2 vorlagen. Insbesondere war das von der Klägerin betriebene Gesundheitszentrum in den Streitjahren nicht als Krankenhaus i.S. von § 108 SGB V zugelassen.

Berufung auf Unionsrecht möglich – jedoch: therapeutische Zweckbestimmung erforderlich

Die Leistungen der Klägerin dienten nicht einem therapeutischen Zweck, wie dies nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL vorausgesetzt wird. Unter Heilbehandlungen fallen zwar auch Maßnahmen, die - ggf. auch nur vorbeugend - dem Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der Gesundheit dienen. Jedoch kommt es nach Meinung der Richter bei Maßnahmen, die sowohl Heilbehandlungszwecken als auch bloß der Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands dienen können, auf eine Prüfung anhand der Umstände des Einzelfalls an. Danach habe die Klägerin keine steuerbefreiten Umsätze ausgeführt. Denn: Der Aufenthalt im Gesudheitszentrum war nicht von einem ärztlichen Befund abhängig und die Kunden konnten selbst über ihren Aufenthalt, dessen Dauer sowie insbesondere den Umfang der Leistungen entscheiden. Eine ärztliche Diagnose von Krankheiten erfolgte in der Einrichtung der Klägerin nicht. Vielmehr wurde bei Beginn des Aufenthalts lediglich überprüft, ob die gewünschten Leistungen auf gesundheitliche Bedenken stießen.

Fundstelle

BFH-Beschluss vom 11. Januar 2019 (NV-XI R 29/17)

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