Update: Betriebsunterbrechung bei Nutzungsüberlassung eines Grundstücks

Das Finanzgericht Hamburg hat entschieden, dass bei der Verpachtung eines betrieblichen Grundstücks während einer Dauer von 60 Jahren die Voraussetzung einer Betriebsunterbrechung vorliegt.

Sachverhalt

Seit Anfang der 1930er Jahre hatte der Erblasser auf einem Grundstück einen Großhandel mit Brot betrieben. Das Betriebsgrundstück war ursprünglich mit Hallen bebaut gewesen, die der Erblasser 1947 entfernte und durch einen Lagerraum für den Brotgroßhandel, mehrere Garagen sowie ein Wohn- und Verwaltungsgebäude ersetzte. Das Betriebsgrundstück wurde ab dem Jahr 1953 verpachtet, nach dem der Erblasser den Brotgroßhandel veräußert hatte. 2015 erfolgte auf dem Grundstück der Neubau von zwei Mehrfamilienhäusern mit 44 Wohneinheiten.

Die Erben des im Jahr 1985 verstorbenen Erblassers begehrten die Feststellung der Einkünfte aus der Nutzungsüberlassung des Grundstücks als solche aus Vermietung und Verpachtung und nicht aus Gewerbebetrieb. Im Rahmen des Klageverfahrens beriefen sich die Erben darauf, dass eine Aufgabe des Gewerbebetriebs bereits 1953 mit der Veräußerung des Brothandels erfolgt sei.

Richterliche Entscheidung

Das Finanzgericht Hamburg hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Nach Auffassung des Gerichts kam es 1953 nicht zu einer Aufgabe des Gewerbebetriebs, sondern lediglich zu einer Betriebsunterbrechung.

Das Grundstück sei wesentliche Betriebsgrundlage des Großhandels gewesen und hätte, bis zur Neubebauung des Grundstücks ab dem Jahr 2014, einem identitätswahrenden Betrieb dienen können. Auch das im Kaufvertrag von 1953 vereinbarte Wettbewerbsverbot ändert nach Ansicht des Finanzgerichts an dieser Einschätzung nichts, da trotzdem die Möglichkeit bestanden habe, den Betrieb in ähnlicher Weise wiederaufzunehmen.

Auch die Tatsache, dass die Zeitspanne der Verpachtung des Betriebes drei Generationen und mehr als 60 Jahre umfasst habe, steht nach Auffassung des Finanzgerichts der Annahme einer Betriebsunterbrechung nicht entgegen, da nach Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs keine feste zeitliche Grenze bestehe. Aus Sicht des Finanzgerichts ist der absolute zeitliche Rahmen der Betriebsunterbrechung bei einer drei Generationen umfassenden Betriebsverpachtung noch nicht überschritten und eine identitätswahrende Fortführung durch die dritte Generation damit möglich gewesen.

Update (06. April 2022)

Der BFH hat sich in seinem Urteil vom 21. Dezember 2021 (IV R 13/19) der Auffassung des Finanzgerichts angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Dazu führt der BFH aus:

Eine Erbengemeinschaft ist mit Übertragung ihrer gesamten Anteile auf eine einzige Person vollbeendet.
Ein außergewöhnlich langer Zeitraum steht der Annahme einer Betriebsunterbrechung nicht entgegen.
Ebenso wenig steht es der Annahme einer Betriebsunterbrechung entgegen, dass der bisherige Betriebsinhaber verstorben ist, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen von einer (Erbes-)Erbengemeinschaft gehalten werden.

Fundstelle

Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 26.03.2019 (6 K 9/18), veröffentlicht am 2. Juli 2019, die Revision ist beim BFH anhängig (IV R 13/19)

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