Abfindungsklausel und Eindeutigkeitsgebot bei Pensionszusage

Pensionszusagen sind auch nach Einfügung des so genannten Eindeutigkeitsgebots gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 3 Halbs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) anhand der geltenden Auslegungsregeln auszulegen, soweit ihr Inhalt nicht klar und eindeutig ist. Lässt sich eine Abfindungsklausel nicht dahin auslegen, dass die für die Berechnung der Abfindungshöhe anzuwendende sog. Sterbetafel und der maßgebende Abzinsungssatz ausreichend sicher bestimmt sind, ist die Pensionsrückstellung nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) steuerrechtlich nicht anzuerkennen.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, sagte ihrem alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer A erstmals durch Vertrag vom 4. Januar 1993 eine betriebliche Altersversorgung zu, die u.a. eine Abfindungsklausel enthält.

In der geänderten Zusage vom 24. Dezember 1999 steht zur Abfindung in § 16 u.a. folgendes:

  1. „Endet das Dienstverhältnis des Geschäftsführers unter Mitnahme unverfallbar erdienter Versorgungsanwartschaften, so ist die GmbH berechtigt, die Versorgungsanwartschaften ganz oder teilweise durch eine Kapitalzahlung abzufinden.
  2. Die GmbH ist berechtigt, laufende Pensionen ganz oder teilweise durch eine Kapitalzahlung abzufinden.
  3. Die Kapitalabfindung ist unter Zugrundelegung der im Zeitpunkt der Abfindung gültigen Rechnungsgrundlagen für betriebliche Pensionsverpflichtungen zu berechnen.
  4. Gilt für diesen Pensionsvertrag im Zeitpunkt einer Abfindung das Betriebsrentengesetz, so sind die im § 3 Betriebsrentengesetz genannten Abfindungsverbote zu beachten.“

Im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2007 setzte die Klägerin einen Rückstellungsbetrag bezüglich der Versorgungszusage von ... EUR an.

Das Finanzamt erließ am 5. Dezember 2013 einen Änderungsbescheid zur Körperschaftsteuer 2007, mit dem es das Einkommen erhöhte und die Rückstellung nicht berücksichtigte. Zur Begründung bezog sich das Finanzamt auf eine Stellungnahme des Fachprüfers für betriebliche Altersversorgung, der moniert hatte, dass das Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Abfindungshöhe nicht eindeutig und präzise schriftlich fixiert sei, weil kein Rechnungszins vereinbart wurde und weitere Berechnungsparameter, die seit Inkrafttreten des BilMoG für handelsrechtliche Wertermittlungen geboten seien, fehlten.

Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht gab der, gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung erhobenen Klage mit Urteil vom 21. Februar 2017 (Az. 1 K 141/15; EFG 2017 S. 908) statt und setzte die Körperschaftsteuer unter steuerrechtlicher Anerkennung der Pensionsrückstellung in der, von der Klägerin angesetzten Höhe fest. Mit der anschließenden Revision rügte das Finanzamt die Verletzung materiellen Rechts.

Abfindungsklauseln sind Bestandteil der Pensionszusage

Der BFH hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Abfindungsklauseln sind Bestandteil der Pensionszusage und unterliegen deshalb auch im Hinblick auf die zu erwartende Abfindungsleistung dem Schriftform- und Eindeutigkeitsgebot des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG. Die Abfindungsregelung darf keinen schädlichen Kürzungsvorbehalt i.S. v. § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG beinhalten. Die Abfindung muss dem Wert des gesamten Versorgungsversprechens zum Abfindungszeitpunkt entsprechen. Im entschiedenen Fall sind die bei der Besteuerung der Klägerin maßgebenden gesetzlichen Vorgaben zum Ansatz einer Pensionsrückstellung zu der Versorgungszusage i.d.F. der unter dem 24.12.1999 abgeschlossenen („neuen") und für das Streitjahr2007 bindenden Vereinbarung nicht erfüllt. Die in der Pensionszusage enthaltene Abfindungsklausel lässt überdies nicht erkennen, dass kein schädlicher Vorbehalt vorliegt bzw. dass gewährleistet ist, dass der mögliche Abfindungsbetrag mindestens dem Wert des gesamten Versorgungsversprechens zum Abfindungszeitpunkt entspricht.

§ 16 der Versorgungszusage räumt der Klägerin das Recht ein, Ansprüche des Versorgungsberechtigten in bestimmten Situationen „ganz oder teilweise durch eine Kapitalzahlung abzufinden", wenn nicht ein gesetzliches Abfindungsverbot besteht. Diese Klausel ist nach dem klaren Wortlaut dahin zu verstehen, dass in dem Fall, dass „im Zeitpunkt einer Abfindung" auf den Versorgungsberechtigten das BetrAVG anzuwenden sein soll, auf den Gesamtbetrag der Anwartschaften das Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG gelten soll. Aus § 16 Abs. 4 der Versorgungszusage lässt sich hingegen nicht ableiten, dass zur Berechnung eines Abfindungsbetrags auf die klar definierten Vorgaben des § 3 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 BetrAVG zurückzugreifen ist.

Der Wortlaut der Versorgungszusage „dass eine Kapitalabfindung unter Zugrundelegung der im Zeitpunkt der Abfindung gültigen Rechnungsgrundlagen für betriebliche Pensionsverpflichtungen zu berechnen" ist, lässt sich nicht dahin auslegen, dass ein Verweis auf die barwertbezogenen Berechnungs-Maßgaben des BetrAVG enthalten ist. Als „Rechnungsgrundlagen für betriebliche Pensionsverpflichtungen" lassen sich z.B. für den Diskontierungszinssatz sowohl die handelsrechtlichen als auch die steuerrechtlichen Rechnungsgrundlagen anführen, darüber hinaus auch die des § 4 Abs. 5 S. 1 BetrAVG, im Übrigen auch Zwischen- oder Durchschnittswerte. Damit besteht eine „Unklarheit der Abfindungsoption", die schon die Tatbestandsvoraussetzung des § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG betrifft.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 23. Juli 2019 (XI R 48/17), veröffentlicht am 4.10.2019.

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