Grunderwerbsteuer: Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs nicht fristgebunden

Nach einem Beschluss des Bundesfinanzhofs sieht § 16 Absatz 1 Nr. 2 Grunderwerbsteuergesetz keine Frist für die Stornierung von Kaufgeschäften vor. Die in Absatz 4 dieser Vorschrift geregelte besondere Verjährungsfrist bezieht sich auf die Aufhebung der Vereinbarung selbst und nicht auf das Datum, an dem ein Antrag auf Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung gestellt wurde.

Hintergrund

Wird ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, so wird auf Antrag die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird; so die Regelung in § 16 Abs. 1 Nr. 2 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG). Bei Auslegung dieser Gesetzesnorm vertritt der BFH folgende Auffassung:

Die Entscheidung des BFH

Die Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs auf Grund eines Rechtsanspruchs im Falle der Nichterfüllung der Vertragsbedingungen, die nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG auf Antrag zur Nichtfestsetzung oder Aufhebung der Steuerfestsetzung führt, kann auch noch nach Ablauf von zwei Jahren und sogar noch nach Ablauf der Festsetzungsverjährung stattfinden. Dies ergibt sich daraus, dass die entsprechende Einschränkung der in § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG genannten Zweijahresfrist hier fehlt. Die Frage der (fehlenden) zeitlichen Begrenzung nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG, so der BFH, bezieht sich indes nur auf die Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs und nicht auf den Antrag auf Aufhebung der Steuerfestsetzung.

Entscheidend ist für die obersten Steuerrichter § 16 Abs. 4 GrEStG, der vorsieht, dass die Festsetzungsfrist nach §§ 169 bis 171 Abgabenordnung (AO) insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses endet. Dies sichere auch für Fälle der späten Rückgängigmachung, etwa kurz vor oder nach Ablauf der Festsetzungsfrist, die Möglichkeit, die Steuerfestsetzung aufzuheben. Die Anknüpfung der Verjährungsregelung an die Rückgängigmachung bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, ob die Rückgängigmachung nach den Vertragsbedingungen auch noch zu einem späteren Zeitpunkt möglich gewesen wäre, sondern darauf, wann sie tatsächlich stattgefunden hat.

Abschließend und ergänzend weist der BFH darauf hin, dass die Rückgängigmachung kein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist, mit der Folge, dass die Verjährungsfrist dann erneut beginnt. Dies entspreche dem Grundsatz, dass die steuerliche Wirkung für die Vergangenheit autonom für das jeweilige materielle Steuergesetz zu beurteilen ist.

Fundstelle

BFH, NV-Beschluss vom 4. November 2019 (II B 48/19), veröffentlicht am 16. Januar 2020

Eine englische Zusammenfassung dieses Beschlusses lesen Sie hier.

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