Bauabzugsteuer bei Errichtung von Freiland-Photovoltaikanlagen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass Bauabzugsteuer auch für die Errichtung von Freiland-Photovoltaikanlagen anfallen kann, da die Begriffe Bauwerk und Bauleistung normspezifisch auszulegen sind.

Die der Bauabzugsteuer unterliegenden Bauwerke sind insbesondere nicht auf Gebäude oder unbewegliche Wirtschaftsgüter beschränkt, sondern kommen auch bei Scheinbestandteilen, Betriebsvorrichtungen und technischen Anlagen in Betracht. Ob die Einkünfte des Leistenden in Deutschland steuerpflichtig sind, spielt für die Bauabzugsteuer grundsätzlich keine Rolle.

Sachverhalt

Die Klägerin beauftragte die in Spanien ansässige A S.A., auf einem von der Klägerin gepachteten Grundstück im Inland eine Freiland-Photovoltaikanlage zu errichten. Der Vertrag umfasste die Planung und Lieferung sowie den Aufbau der gesamten Anlage einschließlich der Solarpanele, Stützen, Streben, Schaltanlagen usw. Zu den Verpflichtungen der A S.A. gehörten auch der Bau von Schotterpisten und Gräben, Zementarbeiten, das Einrammen von Pfählen in den Boden, um daran die Module der Photovoltaikanlage zu befestigen, sowie die Einebnung und teilweise Betonierung von Flächen, um die in Betoncontainern gelieferten Trafostationen aufzustellen.

Die A S.A. legte keine Freistellungsbescheinigung i.S. des § 48b Einkommensteuergesetz (EStG) vor und hatte eine solche Bescheinigung auch nicht beantragt. Das Finanzamt forderte die Klägerin auf, Bauabzugsteuer anzumelden und abzuführen. Entsprechende Anmeldungen gingen auch in der Folge nicht beim Finanzamt ein.

Daraufhin erließ das Finanzamt Bescheide über die Festsetzung von Steuerabzugsbeträgen bei Bauleistungen. Als Bemessungsgrundlage dienten die tatsächlichen Zahlungen der Klägerin an die A S.A. jeweils zuzüglich Umsatzsteuer.

Die Klage vor dem Hessischen Finanzgericht blieb ohne Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Ein Bauwerk i.S. des § 48 Abs. 1 Satz 3 EStG ist weder auf Gebäude noch allgemein auf unbewegliche Wirtschaftsgüter beschränkt. Vielmehr können darunter auch Scheinbestandteile i.S. des § 95 BGB und Betriebsvorrichtungen i.S. des § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Bewertungsgesetz (BewG) fallen. Auf Grundlage der normspezifischen Auslegung kommt es auf die zivilrechtliche Auslegung des Begriffs Bauwerk nicht an.

Technische Anlagen können ebenfalls ein Bauwerk i.S. des § 48 Abs. 1 Satz 3 EStG darstellen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es wie bei Freiland-Photovoltaikanlagen darum geht, ob überhaupt ein Bauwerk vorliegt.

In Folge der normspezifischen Auslegung stellen Freiland-Photovoltaikanlagen grundsätzlich eigenständige Bauwerke i.S. des § 48 Abs. 1 Satz 3 EStG dar. Dies gilt insbesondere dann, wenn die einzelnen Solarmodule - wie im Streitfall vom Finanzgericht für den BFH bindend festgestellt - auf in die Erde eingelassenen Pfählen errichtet und mit diesen fest verbunden werden.

Dass der BFH den Begriff des Bauwerks im Rahmen der Auslegung des § 13b Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) a.F. auf unbewegliche, durch Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sachen beschränkt und insbesondere Betriebsvorrichtungen ausnimmt (BFH, Urteil v. 28.8.2014 - V R 7/14), steht hierzu nicht im Widerspruch.

Aus dem Wortlaut des § 48 Abs. 3 EStG folgt, dass es für die Erhöhung der Bemessungsgrundlage um die Umsatzsteuer nicht darauf ankommt, wer die Umsatzsteuer gemäß § 13b UStG schuldet. Denn die Gegenleistung ist gerade nicht als Entgelt "einschließlich" Umsatzsteuer, sondern "zuzüglich" Umsatzsteuer definiert. Dadurch werden auch diejenigen Fälle erfasst, in denen der Abzugsverpflichtete i.S. des § 48 Abs. 1 Satz 1 EStG (Leistungsempfänger) die Umsatzsteuer selbst schuldet und deshalb nicht an den Leistenden, sondern direkt an das Finanzamt zahlt.

Die übrigen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 EStG hat das Finanzgericht ebenfalls rechtsfehlerfrei bejaht. Dabei ist es zutreffend davon ausgegangen, dass kein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal existiert, wonach die Einkünfte des Leistenden --im Streitfall die Einkünfte der A S.A. aus der Errichtung der Photovoltaikanlage-- in Deutschland steuerpflichtig sein müssen.

Der Wortlaut des § 48 Abs. 1 Satz 1 EStG enthält für solch ein einschränkendes Tatbestandsmerkmal keine Anhaltspunkte. Vielmehr knüpft er ausschließlich an die Erbringung einer Bauleistung im Inland an.

Die Bauabzugsteuer ist mit Unionsrecht vereinbar, da die dadurch verursachte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 AEUV unter dem Gesichtspunkt der Effizienz der Steuerbeitreibung gerechtfertigt ist.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 7. November 2019 (I R 46/17), veröffentlicht am 9. Juli 2020.

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