Feststellungsverjährung und Ablaufhemmung bei fehlender Feststellungserklärung

Die Einreichung einer Steuererklärung ist kein Antrag im Sinne des § 171 Abs. 3 AO, wenn ihre Abgabe gesetzlich vorgeschrieben und die Veranlagung von Amts wegen durchzuführen ist. Ein Antrag im Sinne des § 171 Abs. 3 AO liegt auch dann nicht vor, wenn zeitgleich mit oder zeitlich nach Einreichung der gesetzlich vorgeschriebenen Erklärung im Hinblick auf die drohende Festsetzungsverjährung ausdrücklich ein Antrag auf Veranlagung oder Änderung der Veranlagung gestellt wird. Dies hat das Finanzgericht München entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Grundstücksgemeinschaft bestehend aus drei Gesellschaftern (PX, QX und AX). Die Grundstücksgemeinschaft erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einer Eigentumswohnung und eines Hauses.

Da die Grundstücksgemeinschaft trotz Aufforderung für das Streitjahr 2010 keine Feststellungserklärung abgab, schätzte das Finanzamt, mit Bescheid vom 1. Oktober 2012 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung die Besteuerungsgrundlagen und stellte gesondert und einheitlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 4.000 EUR fest und rechnete die Einkünfte jeweils zu einem Drittel den drei Feststellungsbeteiligten zu. Mit Bescheid vom 19. Dezember 2013 hob das Finanzamt den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Beide Bescheide waren adressiert an AX und enthielten den Zusatz: Der Bescheid ergeht an Sie als Empfangsbevollmächtigten mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten.

Am 29. Dezember 2017 reichte die Grundstücksgemeinschaft eine Anlage V für 2010 zusammen mit einer Anlage FE1 für 2010 zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung beim Finanzamt ein und beantragte die „Festsetzung laut Anlage”. Angegeben war, dass ein Werbungskostenüberschuss erzielt worden sei.

Mit Bescheid vom 15. Mai 2018 lehnte das Finanzamt den Antrag auf Änderung des Feststellungsbescheides 2010 ab.

Richterliche Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht München blieb ohne Erfolg.

Es liegt kein Antrag im Sinne des § 171 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) vor, wenn nur ein Änderungsantrag gestellt wird und noch gar keine Steuererklärung abgegeben wurde oder eine Steuererklärung erstmalig erst später nach regulärem Ablauf der Verjährungsfrist zur Begründung des Antrages abgegeben wird.

Dabei wird § 171 Abs. 3 AO dahin gehend verstanden, dass Abs. 3 nicht nur Anwendung auf den Antrag auf eine erstmalige Steuerfestsetzung findet, sondern auch auf Anträge, die auf die Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung gerichtet sind, z.B. der Antrag auf Aufhebung oder Änderung einer Vorbehaltsfestsetzung nach § 164 Abs. 2 AO, schlichte Änderungsanträge nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO oder Änderungsanträge nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

Nach der ständigen BFH-Rechtsprechung und Literaturauffassung ist aber die Einreichung einer Steuererklärung kein Antrag i.S. des Absatzes 3, wenn – wie im Streitfall – ihre Abgabe gesetzlich vorgeschrieben und die Veranlagung von Amts wegen durchzuführen ist. Denn der Steuerpflichtige will die Finanzbehörde damit nicht zu einer Steuerfestsetzung veranlassen, sondern seiner gesetzlichen Verpflichtung aus § 149 AO nachkommen.

Fundstelle

Finanzgericht München, Urteil vom 06. Mai 2020 (12 K 225/19).

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