EuGH: Angaben zur Rechnungsnummer im Vorsteuervergütungsantrag

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass der Vorsteuervergütungsantrag nicht unbedingt eine fortlaufende Rechnungsnummer enthalten muss. Es genüge eine andere Nummer, anhand derer die Rechnung und damit der betreffende Gegenstand oder die betreffende Dienstleistung identifiziert werden können.

Hintergrund

Das Vorabentscheidungsersuchen des BFH betrifft die Auslegung von Art. 8 Abs. 2 Buchst. d und Art. 15 der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige. Der BFH hatte Zweifel, welche Angaben zur Bezeichnung der „Nummer der Rechnung“ in einem Vorsteuervergütungsantrag eines im Ausland ansässigen Unternehmers erforderlich sind und den Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit Beschluss XI R 13/17 vom 13. Februar 2019 (siehe dazu unseren Blogbeitrag vom 4. Mai 2019) um Klärung gebeten. In der amtlichen Anlage zum Antrag hatte der Kläger zu den Rechnungen in der Spalte „Beleg Nr.“ nicht die in der jeweiligen Rechnung aufgeführte Rechnungsnummer, sondern eine weitere, jeweils in der Rechnung ausgewiesene und in der Buchhaltung der Klägerin erfasste Referenznummer eingetragen. Deswegen hatte das Bundeszentralamt für Steuern den Vergütungsantrag abgelehnt. Der BFH vertritt in dem Vorlagebeschluss die Auffassung, die Angabe einer Referenznummer ermögliche eine eindeutige Zuordnung der Rechnungen.

Entscheidung des EuGH

Der EuGH bestätigt in seinem Urteil die im Vorlagebeschluss vom BFH geäußerte Einschätzung: Wenn ein Antrag auf Erstattung der Mehrwertsteuer keine fortlaufende Rechnungsnummer, sondern eine andere Nummer enthält, anhand deren die Rechnung und damit der betreffende Gegenstand oder die betreffende Dienstleistung identifiziert werden können, muss die Steuerverwaltung des Erstattungsmitgliedstaats diesen Antrag als „vorgelegt“ betrachten und ihn folglich weiter bearbeiten. Im Rahmen dieser Prüfung kann sie – außer in dem Fall, in dem sie bereits über das Original oder eine Durchschrift der Rechnung verfügt – den Antragsteller auffordern, eine fortlaufende Nummer, die zur Identifizierung der Rechnung einmalig vergeben wird, mitzuteilen, und ist berechtigt, wenn er diesem Ersuchen nicht innerhalb der in Art. 20 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehenen Frist von einem Monat nachkommt, den Antrag auf Erstattung der Mehrwertsteuer abzuweisen.

Zwar sehe Art. 226 Nr. 2 der Richtlinie 2006/112 „eine fortlaufende Nummer vor, die zur Identifizierung der Rechnung einmalig vergeben wird“. Allerdings, so der EuGH, könne das Fehlen einer solchen Rechnungsnummer in einem Erstattungsantrag nicht zur Ablehnung dieses Antrags führen, falls eine solche Ablehnung gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen würde. Das Grundprinzip der Neutralität der Mehrwertsteuer verlangt, dass Vorsteuerabzug oder Mehrwertsteuererstattung gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt hat.

Dem Mitgliedstaat der Erstattung wird, wenn dieser der Auffassung ist, dass er nicht über alle relevanten Informationen für die Entscheidung über eine vollständige oder teilweise Erstattung verfügt, die Möglichkeit eingeräumt, u. a. beim Steuerpflichtigen oder bei den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem der Steuerpflichtige ansässig ist, zusätzliche Informationen anzufordern, die innerhalb eines Monats ab Eingang des Informationsersuchens bei dessen Adressaten vorzulegen sind. Dieser Bestimmung in Artikel 20 dieser Richtlinie würde weitgehend ihre praktische Wirksamkeit genommen, wenn der Mitgliedstaat unabhängig von der Tatsache, dass eine Nummer in den Erstattungsantrag aufgenommen wurde, anhand deren die Rechnung identifiziert werden kann, diesen sofort abweisen könnte.

Fundstelle

EuGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 (C‑346/19), Bundeszentralamt für Steuern

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.

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