Keine allgemeine Änderungssperre durch § 41c Abs. 3 Satz 4 EStG

§ 41c Abs. 3 Satz 4 EStG ist erstmals auf den laufenden Arbeitslohn anzuwenden, der für einen nach dem 31.12.2013 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird. Eine Anwendung auf alle Änderungsanträge, über die nach dem 31.12.2013 zu entscheiden ist, unabhängig davon, ob sie Lohnsteuer-Anmeldungen für Veranlagungszeiträume vor 2014 betreffen, kommt nicht in Betracht. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis, bestehend aus drei Gesellschaftern. Seit dem Jahr 2006 war M auf Grundlage eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses für die Klägerin tätig und überwiegend mit Buchhaltungsaufgaben betraut.

Im Juni 2010 legte M einem der Gesellschafter den Text für einen weiteren Arbeitsvertrag zwischen ihr als Arbeitnehmerin und der Klägerin als Arbeitgeberin vor. Nach diesem Vertragstext sollten die regelmäßige Arbeitszeit von M nunmehr 38,5 Stunden wöchentlich und das Bruttomonatsgehalt 1.700 € zzgl. einer der Höhe nach nicht bezifferten jährlichen Weihnachtsgratifikation betragen.

Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass der Gesellschafter den Arbeitsvertrag in Unkenntnis seines Inhalts und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen durch die Buchhalterin unterzeichnet hat. Die Auszahlung der überhöhten Arbeitsentgelte und die hiermit im Zusammenhang stehenden Lohnsteuer-Anmeldungen erfolgten ohne den Willen der Klägerin und wurden von dieser zunächst auch nicht bemerkt.

Im April 2014 führte das Finanzamt eine Lohnsteuer-Außenprüfung bei der Klägerin durch, die im Wesentlichen von M begleitet wurde. Die Prüfung führte zu keinen Beanstandungen. Infolgedessen hob das Finanzamt Ende Juli 2014 den Vorbehalt der Nachprüfung für die von der Klägerin abgegebenen Lohnsteuer-Anmeldungen für den Zeitraum Januar 2012 bis Juni 2014 auf.

Im Dezember 2015 bemerkte die Klägerin die von M veranlassten überhöhten Lohnzahlungen und beantragte eine Änderung der Lohnsteuer-Anmeldungen für die Anmeldezeiträume Juli 2010 bis Dezember 2015, da es sich bei den von M an sich selbst veranlassten Zahlungen nicht um Arbeitslohn i.S. des § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehandelt habe und die hierfür angemeldeten und abgeführten Lohnsteuerbeträge daher zu erstatten seien.

Das Finanzamt lehnte diesen Antrag für den Prüfungszeitraum der Lohnsteuer- Außenprüfung ab, da keine Änderungsmöglichkeit bestehe.

Die Klage vor dem Finanzgericht Münster hatte Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision des Finanzamtes stattgegeben, die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und das Finanzamt verpflichtet, über den Antrag der Klägerin betreffend die Änderung der Lohnsteuer-Anmeldungen Januar 2012 bis Juni 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu zu entscheiden.

Steht eine Lohnsteuer-Anmeldung nicht mehr unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, hindert § 41c Abs. 3 Satz 4 EStG eine Änderung der Lohnsteuer-Anmeldung nach den allgemeinen Korrekturvorschriften der §§ 172 ff. Abgabenordnung (AO) nicht.

§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO ist auch erfüllt, wenn ein Dritter den Arbeitgeber bei Abgabe einer Lohnsteuer-Anmeldung arglistig täuscht.

Auch wenn die Voraussetzungen des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO erfüllt sind, ist eine Änderung nicht zwingend, sondern liegt im Ermessen des Finanzamtes. Eine Ermessensreduzierung auf Null kommt nicht in Betracht.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 30. September 2020 (VI R 34/18), veröffentlicht am 18. März 2021.

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