Update: Mittelbare Anteilsvereinigung an einer grundbesitzenden Personengesellschaft bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft

Bei einer über eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft vermittelten (mittelbaren) Beteiligung an einer grundbesitzenden Personengesellschaft ist für eine Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG der Anteil am Vermögen der Personengesellschaft und nicht die sachenrechtliche Mitberechtigung am Gesamthandsvermögen maßgebend.

Hält der Erwerber bereits unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft, ist ein weiterer unmittelbarer oder mittelbarer Anteilserwerb nicht mehr nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbar. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, war mit 100 % an der B-GmbH beteiligt. Die B-GmbH war als Kommanditistin zu 95 % am Gesellschaftsvermögen einer grundbesitzenden KG beteiligt. Weitere Kommanditistin der KG mit einem Anteil von 5 % am Gesellschaftsvermögen war die G-GmbH. Komplementärin der KG ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen war die D-GmbH. An der D-GmbH war mit 100 % die V-GmbH beteiligt.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30. August 2011 (Kaufvertrag) verkaufte die V-GmbH ihre 100 % Anteile an der D-GmbH an die Klägerin. Die D-GmbH wurde umbenannt in A-GmbH. Des Weiteren verkaufte die G-GmbH ihre 5%ige Kommanditbeteiligung an der KG an die B-GmbH. Nach den Verkäufen und in der Folge durchgeführten Übertragungen waren somit an der KG ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen die A-GmbH als Komplementärin und als Kommanditistin zu 100 % am Gesellschaftsvermögen die B-GmbH beteiligt. Die Klägerin war sowohl an der B-GmbH als auch an der A-GmbH zu 100 % beteiligt.

Das Finanzamt setzte gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer fest. Es ging davon aus, dass der Erwerb der Kommanditbeteiligung an der KG seitens der B-GmbH und der Erwerb aller Anteile an der D-GmbH seitens der Klägerin durch den Kaufvertrag vom 30. August 2011 den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) erfüllt habe.

Die Klage vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg blieb ohne Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist gleichermaßen auf grundbesitzende Personen- und Kapitalgesellschaften anwendbar. Der Wortlaut der Vorschrift, der von "Vermögen" und "Anteil" an einer grundbesitzenden "Gesellschaft" spricht, differenziert insoweit nicht.

Die Steuerbarkeit wird durch die erstmalige Vereinigung der Anteile und hierbei durch den Erwerb des letzten Anteils ausgelöst. Die Anteilsvereinigung kann auch dadurch erfolgen, dass der Erwerber die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft teils unmittelbar und teils mittelbar erwirbt (vgl. BFH, Urteil v. 12. März 2014, II R 51/12, BFH, Urteil v. 27. September 2017, II R 41/15).

Wird die Beteiligung an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft über eine zwischengeschaltete Personengesellschaft gehalten, ist für die Beurteilung, ob mittelbar mindestens 95 % der Anteile i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden würden, in Hinblick auf die zwischengeschaltete Personengesellschaft nicht die sachenrechtliche Mitberechtigung des erwerbenden Gesellschafters am Gesamthandsvermögen, sondern der Anteil am Vermögen der Personengesellschaft maßgebend. Der Anteil am Vermögen der Personengesellschaft vermittelt regelmäßig, soweit er mindestens 95 % beträgt, die rechtliche Möglichkeit für den beteiligten Gesellschafter, den Willen in der Personengesellschaft in grunderwerbsteuerrechtlich erheblicher Weise durchzusetzen.

Dieselben Grundsätze gelten, wenn die grundbesitzende Gesellschaft eine Personengesellschaft ist und es sich bei der zwischengeschalteten Gesellschaft um eine Kapitalgesellschaft handelt.

Hält der Erwerber bereits mittelbar mindestens 95 % der Anteile am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft, ist ein weiterer mittelbarer Anteilserwerb nicht mehr nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbar.

Der Erwerbsvorgang im vorliegenden Fall erfüllte den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG nicht. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts war die Klägerin bereits vor Abschluss des Kaufvertrags mittelbar zu 95 % an der KG beteiligt. Diese Beteiligung wurde vermittelt durch ihre 100 %ige Beteiligung an der zwischengeschalteten B-GmbH, die ihrerseits 95 % Anteile am Vermögen der KG hielt. Der mittelbaren Beteiligung der Klägerin an der KG in Höhe von mindestens 95 % steht nicht entgegen, dass vor Abschluss des Kaufvertrags die G-GmbH als weitere Kommanditistin und die D-GmbH --bzw. mittelbar die V-GmbH-- als Komplementärin an der KG beteiligt waren. Denn für die mittelbare Beteiligung an der grundbesitzenden KG kommt es nicht auf die gesamthänderische Mitberechtigung, sondern auf den Anteil am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft an.

Update (04. Juni 2021)

Das Urteil II R 45/17 wurde im BStBl. veröffentlicht, BStBl. II 2021, Seite 315.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 27. Mai 2020 (II R 45/17), veröffentlicht am 26. November 2020.

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