Option zur tariflichen Besteuerung nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG

Das Finanzgericht Köln hat entschieden, dass § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG das Vorliegen der Voraussetzungen für die Ausübung des Wahlrechts zur Anwendung der tariflichen Einkommensteuer in den vier Veranlagungszeiträumen fingiert, die dem Jahr folgen, für das der Antrag gestellt wird. In diesen vier VZ ist die tarifliche ESt daher auch dann anzuwenden (Teileinkünfteverfahren unter Berücksichtigung der Werbungskosten), wenn die Voraussetzungen des Wahlrechts nicht mehr vorliegen.

Sachverhalt

Der Kläger, der schon seit mehreren Jahren an einer inländischen GmbH zu 12,5% beteiligt und für diese bis Ende 2011 als Geschäftsführer und anschließend als Arbeitnehmer tätig war, beantragte in seiner Einkommensteuererklärung 2013 erstmals gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchstabe b Einkommensteuergesetz (EStG) die Versteuerung seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen, die er von der GmbH im VZ 2013 bezogen hatte, nach der tariflichen Einkommensteuer (§ 32a EStG).

Das Finanzamt gab dem Antrag statt und veranlagte den Kläger entsprechend (bis einschließlich VZ 2016 war es für die Ausübung des Wahlrechts ausreichend, dass der Stpfl. zu mindestens 1% beteiligt und für diese beruflich tätig war; erst seit dem VZ 2017 ist Voraussetzung, dass der Stpfl. - neben der Beteiligung - durch seine berufliche Tätigkeit maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Kapitalgesellschaft nehmen kann; Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2016.

In den Einkommensteuerveranlagungen für 2014 und 2015 wendete das Finanzamt dann jedoch den gesonderten Einkommensteuertarif gem. § 32d Abs. 1 EStG (Abgeltungsteuertarif) auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen an, die der Kläger von der GmbH bezogen hatte, weil der Kläger seine Tätigkeit für die GmbH zum 31. März 2013 beendet hatte. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass die Voraussetzungen des Wahlrechts gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchstabe b EStG in jedem VZ erneut zu prüfen seien. Dass die Antragsvoraussetzungen gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG in den folgenden vier VZ nach der ersten Antragstellung nicht erneut zu belegen seien, bedeute nicht, dass sie nicht vorliegen müssten.

Richterliche Entscheidung

Nach erfolglosem Einspruch gegen seine Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 erhob der Kläger die Klage zum Finanzgericht Köln.

Dieses gab der Klage statt und entschied, dass die Voraussetzungen des Wahlrechts nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG nur im Antragsjahr vorliegen müssen und für die folgenden vier VZ durch § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG fingiert werden. Nach Ansicht des Finanzgerichts sprechen sowohl der Wortlaut des Gesetzes ("...wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt wird, ...beteiligt und beruflich tätig...ist") als auch die Gesetzesbegründung zum JStG 2008 (BT-Drs. 16/7036, S. 14) als auch der Sinn und Zweck des Gesetzes für diese Auslegung.

Der Zweck des Gesetzes bestehe darin, Anteilseignern von Kapitalgesellschaften eine Besteuerung nach der tariflichen ESt unter Berücksichtigung des Werbungskostenabzugs zu ermöglichen, die ihre Beteiligung aus unternehmerischen Gründen erworben hätten und nicht bloß als Kapitalanlage. Im Bereich unternehmerischer Beteiligungen seien gerade die Finanzierungskosten besonders häufig anzutreffende Werbungskosten. Und diese Finanzierungskosten fielen häufig auch dann noch an, wenn die berufliche Tätigkeit für die Gesellschaft beendet sei.

Fundstelle

Finanzgericht Köln, Urteil vom 15. Dezember 2020 (11 K 1048/17); die Revision ist beim BFH unter dem Az. VIII R 2/21 anhängig.

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