Update: Neues BMF-Schreiben zur beschränkten Steuerpflicht aus der Überlassung oder Veräußerung von Rechten allein wegen deren Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register
Vereinfachtes Verfahren für Vergütungen i. S. d. § 49 Absatz I Nummer 2 Buchstabe f und Nummer 6 Einkommensteuergesetz (EStG) für die befristete Überlassung sowie Veräußerung von Rechten, die in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind
Mit Datum vom 11. Februar 2021 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) in Ergänzung zu dem Schreiben vom 6. November 2020 (siehe unseren Blogbeitrag) ein weiteres Schreiben zum Umgang mit Rechten, welche allein wegen der Registrierung in ein inländisches öffentliches Register gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f und Nr. 6 EStG beschränkt steuerpflichtig sind, veröffentlicht.
Nachdem die im Referentenentwurf für ein Gesetz zur Modernisierung der Entlastung von Abzugsteuern und der Bescheinigung von Kapitalertragsteuer (AbzStEntlModG) zunächst vorgesehene Streichung der entsprechenden Passagen (Newsflash vom 20. November 2020) im Regierungsentwurf nicht mehr enthalten war (Newsflash vom 20. Januar 2021), hat die Finanzverwaltung nun ein zusätzliches Schreiben veröffentlicht. Das Schreiben soll in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen Anwendung finden.
Das Schreiben soll für Fälle, in denen bis einschließlich 30. September 2021 ein entsprechender Besteuerungstatbestand ausgelöst wurde oder bis dahin noch ausgelöst wird, die Voraussetzungen für eine “Vereinfachung des Verfahrens” regeln (Rz. 1 bis 6 des Schreibens).
Für Vergütungen, die nach dem 30. September 2021 zufließen, sind die gesetzlichen Voraussetzungen des § 50d Abs. 1 bis 4 EStG (demnächst dann § 50c EStG-E) in allen Fällen zu beachten.
Voraussetzungen und Ausschlussgründe für die Teilnahme am vereinfachten Verfahren
- Voraussetzungen
In Kapitel I regelt das Schreiben die Voraussetzungen, unter denen der Vergütungsschuldner keinen Steuerabzug gemäß § 50a EStG im Falle einer Rechteüberlassung gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) aa) EStG vorzunehmen hat (Rz. 2 bis 6):
- Der Vergütungsschuldner darf bei Zufluss keinen Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt (natürliche Person) bzw. Sitz/Ort der Geschäftsleitung (Körperschaft, Personenvereinigung, Vermögensmasse) im Inland haben. Hierdurch sind nur die Fälle betroffen, in denen es sich um “reine Auslandszahlungen” dergestalt handelt, dass sowohl Schuldner als auch Gläubiger “Steuerausländer” sind.
- Der Vergütungsgläubiger muss - auch unter Beachtung von § 50d EStG (insb. Abs. 3) - DBA-berechtigt sein; auf Fälle von § 50g EStG geht der Erlass nicht ein. Auf die durch das AbzStEntlModG angedachten Änderungen in § 50c bzw. 50d EStG-E wird ebenso nicht weiter eingegangen.
- Der Vergütungsgläubiger oder der von ihm bevollmächtigte Vergütungsschuldner stellt bis 31. Dezember 2021 einen Antrag auf Erteilung einer (rückwirkenden) Freistellungsbescheinigung analog § 50d Abs. 2 EStG. Der Schuldner ist auch ohne Vollmacht berechtigt einen Antrag zu stellen, wenn das Vertragsverhältnis nicht mehr besteht, der Gläubiger gehindert ist oder zur Antragstellung nicht bereit ist. Bei mehreren Vertragsverhältnissen zwischen verschiedenen Schuldnern und Gläubigern muss jeweils ein separater Antrag gestellt werden. Ausgenommen sind mehrere Verträge zwischen einem Gläubiger und einem stets gleichen Schuldner, die in einem Antrag zusammengefasst werden können.
- Mit dem Antrag sind die zugrundeliegenden Vertragsverhältnisse ggü. dem BZSt offenzulegen. Die wesentlichen Vertragspassagen sind dabei in deutscher Sprache vorzulegen (Rz. 6). Gemäß Rz. 5 des Schreibens ist bei konzerninternen Sachverhalten zusätzlich erforderlich, dass die Vertragsverhältnisse in Bezug auf evtl. weitere, dieses Recht betreffende Überlassungen an nahestehende Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG ebenfalls offenzulegen sind.
- Ausschlussgründe
Das Schreiben regelt in Kapitel II., dass auch bei einem gestellten Antrag auf Erteilung einer rückwirkenden Freistellungsbescheinigung nicht vom Steuerabzug seitens des Schuldners abgesehen werden kann, wenn es zweifelhaft ist, ob eine DBA-Berechtigung auf Seiten des Gläubigers besteht. Gründe, warum Zweifel bestehen, sind nach dem Schreiben z.B. § 50d EStG (dort insb. relevant Abs. 3), wenn im Zuflusszeitpunkt kein DBA bestand, eine DBA-rechtliche Bestimmung zur Einschränkung von DBA-Vorteilen einschlägig ist (z.B. Art. 28 DBA-USA, PPTs o.ä.) oder sonstige Zweifel an einer DBA-Berechtigung bestehen. Letztere sollen bei hybriden oder doppelansässigen Gesellschaften oder Qualifikationskonflikten (Rz. 7) offenbar immer bestehen.
Die Verpflichtung zur Prüfung der DBA-Berechtigung seitens des Schuldners kann - insb. im Verhältnis zu fremden Dritten - zu Problemen führen.
Vorgehen bei Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung
Sollte der Antrag auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung (siehe 1.c) abgelehnt werden, sind innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe des ablehnenden Verwaltungsakts Steueranmeldungen abzugeben und Steuern abzuführen (Rz. 8 des Schreibens). Dies gilt auch dann, wenn die Ablehnung mit einem Einspruch angefochten wird und insofern noch nicht bestandskräftig ist.
Obwohl das vereinfachte Verfahren nur in zweifelsfreien Fällen vorgesehen ist, soll es also zu einer Ablehnung des Freistellungsantrags kommen können.
Ermittlung der Bemessungsgrundlage
Weiterhin äußert sich das BMF auch zur Frage der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug (Rz. 10 bis 14).
Das BMF hält im Ausgangspunkt fest, dass die Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug gem. § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG grds. die Bruttovergütung für das im Inland registrierte Recht ist (Rz. 10). Die Vergütung ist dabei anhand der vertraglichen Bestimmungen zu ermitteln (Rz. 11 Satz 1).
Sofern sich die auf das im Inland registrierte Recht entfallende Vergütung jedoch nicht aus den zugrundeliegenden Verträgen ermitteln lässt, ist die gezahlte Vergütung sachgerecht aufzuteilen (Rz. 11 Satz 2).
Ausgangspunkt einer sachgerechten Ermittlung ist der sog. top-down-Ansatz auf Basis der Gesamtvergütung, die unter Beachtung des Veranlassungsprinzips aufzuteilen ist (Rz. 12 Satz 1). Maßgeblich ist der Anteil der Vergütung, welcher “durch die im Inland registrierten Rechte [seitens des Vergütungsgläubigers] erzielt” wird (Rz. 12 Satz 2).
Als nicht sachgerecht sieht das BMF sog. “bottom up” Ansätze, bei denen auf Basis von Datenbankstudien ein (fiktiver) Prozentsatz vom Umsatz oder Gewinn die Basis für die Berechnung der Lizenzgebühren ist. Ebenfalls nicht sachgerecht ist nach dem Schreiben der Ansatz, auf Basis der Registrierungskosten (ggfs. inkl. Gewinnaufschlag) die Bemessungsgrundlage zu ermitteln.
Soweit die Finanzverwaltung die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln kann, kann geschätzt werden. Hierzu soll i.d.R. ein einnahmenbasierter Ansatz - auf Basis weltweiter Umsätze - angewendet und ermittelt werden, welcher Teil auf Deutschland entfällt (Rz 13).
Anhand dieses Schlüssels soll dann die Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug ermittelt werden.
Vorgehen bei der Veräußerung von Rechten
Da bei der Veräußerung von Rechten i.S.v. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) bb) EStG kein Quellensteuerabzug vorzunehmen ist, muss eine Steuererklärung abgegeben werden (Rz. 15). Dies gilt auch dann, wenn DBA-Schutz für den Veräußerungsgewinn besteht. Das Schreiben hält fest, dass in diesem Fall eine Nullerklärung abgegeben werden darf. Von einer Übermittlung nach Datenfernübertragung kann für bis zum 30. September 2021 bei der örtlich zuständige Finanzbehörde eingehende Erklärungen daher grundsätzlich abgesehen werden. Ebenfalls kann in diesen Fällen von einer Ermittlung der Einkünfte abgesehen werden.
Für die Ermittlung und Aufteilung der Bemessungsgrundlage bei Veräußerung gelten die Ausführungen zur Aufteilung bei Lizenzierungen entsprechend.
Update (14. Juli 2021)
Das BMF hat am 14. Juli 2021 ein ergänzendes Schreiben (IV B 8 - S 2300/19/10016 :007) veröffentlicht. Das vorliegende BMF-Schreiben erläutert, dass die mit dem BMF-Schreiben vom 11. Februar 2021 für Fälle zeitlich befristeter Rechteüberlassung vorgesehene Vereinfachung des Verfahrens unter den dort festgesetzten Voraussetzungen auch für Vergütungen in Anspruch genommen werden kann, die dem Vergütungsgläubiger nach dem 30. September 2021 aber vor dem 1. Juli 2022 zufließen.
Das BMF-Schreiben vom 11. Februar 2021 ist für diese Vergütungen ebenso wie für sämtliche Vergütungen, die dem Vergütungsgläubiger vor dem 30.9.2021 zugeflossen sind, mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Antrag auf Freistellung vom Steuerabzug analog § 50d Abs. 2 Satz 1 EStG (§ 50c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG nach dem Gesetz zur Modernisierung der Entlastung von Abzugsteuern und der Bescheinigung der Kapitalertragsteuer vom 9. Juni 2021) bis zum 30. Juni 2022 beim Bundeszentralamt für Steuern zu stellen ist.
Fundstelle
BMF, Schreiben vom 11. Februar 2021, IV B 8 - S 2300/19/10016 :007.