Update: Behandlung von Investitionsabzugsbeträgen sowie Sonderabschreibungen nach § 7g EStG bei Betriebsaufgabe

Für die Erfüllung der Nutzungsvoraussetzungen des § 7g Abs. 4 Satz 1, Abs. 6 Nr. 2 EStG genügt es in Fällen, in denen der Betrieb im Jahr nach der Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts aufgegeben wird, wenn das Wirtschaftsgut nicht für ein volles Kalenderjahr bzw. einen vollen Zwölf-Monats-Zeitraum nach dem Wirtschaftsjahr seiner Anschaffung oder Herstellung, sondern lediglich während des mit der Betriebsaufgabe endenden Rumpfwirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird (gegen BMF, Schreiben vom 20. November 2013 - IV C 6 - S 2139 b/07/10002; Rz. 36, 37, 58) Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin betrieb ein Einzelunternehmen und erzielte daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Sie erklärte zum 15. Juli 2015 die Betriebsaufgabe. Den Gewinn ermittelte sie durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Bei der Erklärung des Gewinns für das Jahr 2012 setzte die Klägerin bei den Betriebsausgaben u. a. für eine beabsichtigte Anschaffung eines VW Sharan mit voraussichtlichen Anschaffungskosten von ca. 36.000 € einen Investitionsabzugsbetrag von 14.400 € (40 % von 36.000 €) nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. an.

Die Beteiligten streiten darüber, ob das Finanzamt zu Recht den Investitionsabzugsbetrag sowie Sonderabschreibung nach § 7g EStG wegen Betriebsaufgabe und Nichteinhaltung der Nutzungsvoraussetzungen nach § 7g Abs. 4 EStG rückgängig gemacht hat, und insbesondere über die Frage, ob ein Rumpfwirtschaftsjahr ein vollgültiges Wirtschaftsjahr auch für Zwecke des § 7g EStG n. F. ist.

Die Klage vor dem Thüringer Finanzgericht hatte Erfolg (vgl. unseren Blogbeitrag).

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben, die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Das Finanzgericht hat allein auf § 7g Abs. 4 Satz 1 EStG abgestellt. Dies ist unzutreffend, weil die vom Finanzgericht angenommene fehlende Anwendbarkeit dieser Norm im Streitjahr 2014 keine günstige Auswirkung auf den steuerlichen Gewinn der Klägerin haben könnte.

Maßgebend für die von der Klägerin im Streitjahr 2014 angestrebte, ihr günstige Gewinnauswirkung ist vielmehr allein die Norm des § 7g Abs. 6 Nr. 2 EStG. Diese stimmt allerdings im hier entscheidungserheblichen Punkt mit § 7g Abs. 4 Satz 1 EStG überein, so dass allein dieser Rechtsfehler des Finanzgerichts nicht zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils führt.

Trotz des im Wortlaut des § 8b Satz 2 EStDV verwendeten Begriffs "darf" hat die Rechtsprechung die Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres in den dort genannten Fällen als zwingend angesehen (vgl. zur unentgeltlichen Betriebsübergabe BFH, Urteil vom 23. August 1979, IV R 95/75 und BFH, Urteil vom 22. November 2018, VI R 50/16, Rz 33).

Der durch § 8b EStDV verwendete Begriff des Wirtschaftsjahres ist auch im Rahmen des § 7g Abs. 6 Nr. 2 EStG maßgebend. Die durch § 8b EStDV ergänzten Definitionen des § 4a EStG stehen im selben Abschnitt des EStG wie § 7g EStG. Es gibt daher anders als das Finanzamt meint nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass der gesetzlich definierte Begriff des "Wirtschaftsjahres" innerhalb der durch eine amtliche Überschrift gebildeten und zusammengefassten Normgruppe der §§ 4 bis 7i EStG mit unterschiedlichen Inhalten zu füllen sein könnte.

Update (08. August 2022)

Das Urteil X R 30/19 wurde im BStBl. veröffentlicht, BStBl. II 2022, Seite 439.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 28. Juli 2021 (X R 30/19), veröffentlicht am 28. Oktober 2021.

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