Wirtschaftlicher Arbeitgeber bei konzerninterner internationaler Arbeitnehmerentsendung

Im Falle einer konzerninternen internationalen Arbeitnehmerentsendung wird das aufnehmende inländische Unternehmen zum wirtschaftlichen Arbeitgeber i.S. von § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG, wenn es den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt, der Einsatz des Arbeitnehmers bei dem aufnehmenden Unternehmen in dessen Interesse erfolgt, der Arbeitnehmer in den Arbeitsablauf des aufnehmenden Unternehmens eingebunden und dessen Weisungen unterworfen ist. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die in der Schweiz ansässige A AG (AG) war die alleinige Gesellschafterin der Klägerin. Die AG und die Klägerin schlossen im Jahr 2009 eine "Dienstleistungsvereinbarung" (DV). Im Rahmen der DV vereinbarten die Klägerin und die AG, dass die AG der Klägerin mit B einen Geschäftsführer zur Verfügung stellte. B, der seinen Wohnsitz in der Schweiz hatte, war gleichzeitig Verwaltungsrat der AG und CEO der Unternehmensgruppe.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Zahlungen, die die Klägerin an die AG gemäß der DV für die Tätigkeit des Geschäftsführers B geleistet habe, seien dem deutschen Lohnsteuerabzug zu unterwerfen. Die Klägerin sei nach § 38 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wirtschaftliche Arbeitgeberin des B, der in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c EStG beschränkt steuerpflichtig sei. Die Einkünfte seien nach Art. 15 Abs. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA CHE) im Inland zu versteuern.

Die dagegen erhobene Klage vor dem Thüringer Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben, die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Im Falle einer konzerninternen internationalen Arbeitnehmerentsendung wird das inländische aufnehmende Unternehmen nicht allein schon dadurch zum wirtschaftlichen Arbeitgeber, dass es dem entsendenden Unternehmen den Arbeitslohn erstattet, der auf die im Inland ausgeübte Tätigkeit entfällt.

Voraussetzung für die wirtschaftliche Arbeitgeberstellung i.S. von § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG ist außerdem, dass der Einsatz des Arbeitnehmers bei dem aufnehmenden Unternehmen in dessen Interesse erfolgt und dass der Arbeitnehmer in den Arbeitsablauf des aufnehmenden Unternehmens eingebunden und dessen Weisungen unterworfen ist (s. BFH, Urteil vom 23. Februar 2005, I R 46/03, BStBl. II 2005, S. 547, unter II.4.d).

Das wirtschaftliche Tragen des Arbeitslohns ersetzt in den Fällen des § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG die für den zivilrechtlichen Arbeitgeberbegriff erforderliche arbeits- bzw. dienstvertragliche Bindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, auf der die Zahlung des lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohns (zivilrechtlich) im Regelfall beruht.

Unbeschadet dessen muss die entsandte Person nach allgemeinen Grundsätzen als Arbeitnehmer des wirtschaftlichen Arbeitgebers anzusehen sein.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 04. November 2021 (VI R 22/19), veröffentlicht am 17. März 2022.

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