Wahlrecht zwischen Sofort- und Zuflussbesteuerung auch bei Veräußerung von Wirtschaftsgütern gegen wiederkehrende Bezüge im Rahmen einer Betriebsaufgabe

Ein Steuerpflichtiger, der im Rahmen einer Betriebsaufgabe betriebliche Wirtschaftsgüter gegen wiederkehrende Bezüge veräußert, kann ‑wie bei der Betriebsveräußerung gegen wiederkehrende Bezüge‑ zwischen der Sofortbesteuerung und der Zuflussbesteuerung des entsprechenden Gewinns wählen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin betrieb einen Steinmetzbetrieb in einem Anbau zu ihrem Einfamilienhaus, den sie krankheitsbedingt Ende 2013 einstellte. Anfang 2014 veräußerte sie den Geschäftsbetrieb gegen eine lebenslange Rente. Ausgenommen von der Veräußerung waren das zum Anlagevermögen gehörende Betriebsgrundstück mit dem betrieblich genutzten Anbau sowie weitere Wirtschaftsgüter, die nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehörten.

Den Entnahmegewinn, der auf die in das Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter entfiel, unterwarf die Klägerin in ihrer Einkommensteuererklärung der sofortigen Besteuerung. Für die monatlichen Rentenzahlungen machte sie das Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung nach R 16 Abs. 11 Einkommensteuerrichtlinie (EStR) geltend.

Das Finanzamt lehnte die Anwendung des Wahlrechts auf die im Streitfall vorliegende Betriebsaufgabe ab und unterwarf auch den Veräußerungsgewinn der sofortigen Besteuerung, indem es vom Barwert der Rente den Buchwert der veräußerten Wirtschaftsgüter und die Rückbauaufwendungen abzog.

Die Klage vor dem Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht hatte keinen Erfolg (siehe unseren Blogbeitrag).

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

Der Gewinn aus der Veräußerung eines großen Teils der betrieblichen Wirtschaftsgüter an die A-GmbH gegen Leibrente kann aufgrund der mit einer Betriebsveräußerung gegen wiederkehrende Bezüge vergleichbaren Interessenlage ebenfalls der Zuflussbesteuerung unterliegen.

Auch in diesem Fall steht dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht zu, den Gewinn aus der Veräußerung einzelner betrieblicher Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe (§ 16 Abs. 3 Satz 6 EStG) nach Maßgabe des Zuflusses der wiederkehrenden Bezüge und zudem erst dann als realisiert anzusehen, wenn die wiederkehrenden Bezüge die Buchwerte der veräußerten Wirtschaftsgüter und die insoweit angefallenen Aufgabekosten übersteigen. Dieses Wahlrecht hat die Klägerin ausgeübt.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 29. Juni 2022 (X R 6/20), veröffentlicht am 08. Dezember 2022.

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