EuGH: Betreiber einer Online-Plattform als Mehrwertsteuerschuldner

In einem aktuellen Urteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass der Rat der Europäischen Union die Grenzen seiner Durchführungsbefugnisse nicht überschritten hat, als er festlegte, dass der Betreiber einer Plattform für Mehrwertsteuerzwecke als Erbringer der erbrachten Dienstleistungen gilt.

Hintergrund

Die Klägerin, die im Vereinigten Königreich für Mehrwertsteuerzwecke registriert ist, betreibt eine Online-Plattform für soziale Medien und hat die ausschließliche Kontrolle über diese Plattform. Sie ist für den Einzug und die Verteilung der von den Nutzern geleisteten Zahlungen über einen dritten Zahlungsdienstleister zuständig. Die Klägerin legt auch die allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Nutzung der Plattform fest. Sie stellt nicht nur die Plattform bereit, sondern auch die Anwendung, die den Einzug und die Verteilung der an sie geleisteten Zahlungen ermöglicht. Sie ist verantwortlich für den Einzug und die Verteilung der von einer speziellen Gruppe von Nutzern geleisteten Zahlungen. Die Klägerin behält 20 % aller an einen bestimmten Nutzerkreis gezahlten Beträge ein und stellt diesem den entsprechenden Betrag in Rechnung. Auf diesen Betrag erhebt sie Mehrwertsteuer zu einem Satz von 20 %, die in den von ihr ausgestellten Rechnungen ausgewiesen ist.

Die Steuerbehörde vertrat jedoch die Auffassung, dass die Klägerin im Sinne von Art. 9a Abs. 1 der Durchführungsverordnung Nr. 282/2011 als im eigenen Namen tätig anzusehen sei. Folglich müsse sie die Mehrwertsteuer auf den gesamten erhaltenen Betrag abführen und nicht nur auf die 20 % dieses Betrags, die sie als Vergütung einbehalte. Das vorlegende Gericht hegt Zweifel an der Gültigkeit von Art. 9a der Durchführungsverordnung Nr. 282/2011 und wollte geklärt wissen, ob die streitige Bestimmung ungültig ist, weil der Rat die Mehrwertsteuerrichtlinie ergänzt oder geändert und somit die ihm übertragenen Durchführungsbefugnisse überschritten hat.

Entscheidung des EuGH

Nach Abschluss seiner Prüfung entschied der EuGH, dass der Rat, indem er die streitige Bestimmung der Durchführungsverordnung erlassen hat, sich darauf beschränkt hat, die Mehrwertsteuerrichtlinie zu präzisieren, ohne sie zu ergänzen oder zu ändern. Die Prüfung der Vorlagefrage habe folglich nichts ergeben, was die Gültigkeit der streitigen Bestimmung der Durchführungsverordnung berühren könnte.

Nach der Mehrwertsteuerrichtlinie gilt ein Steuerpflichtiger, der im Rahmen von Dienstleistungen als Vermittler im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen handelt als Erbringer dieser Dienstleistungen. Es werde dabei stets davon ausgegangen, so der EuGH, dass ein an der Erbringung beteiligter Steuerpflichtiger im eigenen Namen, aber für Rechnung des Anbieters dieser Dienstleistungen tätig ist, so dass er selbst als Erbringer dieser Dienstleistungen gilt, wenn er die Abrechnung mit dem Dienstleistungsempfänger autorisiert, ihre Erbringung genehmigt oder die allgemeinen Bedingungen der Erbringung festlegt.

Weitere Informationen zu dem Urteil vom 28. Februar 2023 in der Rechtssache C‑695/20 finden Sie hier.

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