EuGH: Kartellbehörde kann Vereinbarkeit mit der Datenschutzgrundverordnung prüfen

Eine nationale Wettbewerbsbehörde kann im Rahmen der Prüfung, ob eine beherrschende Stellung missbraucht wird, einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) feststellen. Nach dem heutigen Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Meta Platforms (Facebook) muss sie jedoch aufgrund ihrer Bindung an den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit eine etwaige Entscheidung oder Untersuchung seitens der nach der DSGVO zuständigen Aufsichtsbehörde berücksichtigen.

Hintergrund

Das Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Deutschland) betrifft den Rechtsstreit zwischen Unternehmen des Konzerns Meta Platforms (die das Angebot des sozialen Online-Netzwerks „Facebook“ sowie weitere Online-Dienste, darunter Instagram und WhatsApp in der EU betreibt) und dem Bundeskartellamt über den Beschluss, mit dem das Bundeskartellamt die in den Nutzungsbedingungen ihres sozialen Netzwerks Facebook vorgesehene Datenverarbeitung und die Durchführung dieser Nutzungsbedingungen untersagt sowie Maßnahmen zur Abstellung dieses Verhaltens angeordnet hat. Unter anderen betrifft das Verfahren die Auslegung dieser Vorschriften insbesondere in Bezug auf die Verarbeitung sensibler personenbezogener Daten, die relevanten Bedingungen für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten und die Erteilung einer freiwilligen Einwilligung gegenüber einem Unternehmen in marktbeherrschender Stellung. Das Kartellamt hatte Facebook auch mit Verweis auf den Datenschutz untersagt, die Nutzerdaten aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen.

Auch Wettbewerbshüter dürfen unter bestimmten Bedingungen mögliche Datenschutzverstöße prüfen, so die Empfehlung des Generalanwalts in seinen Schlussanträgen. Wobei sie jedoch alle Entscheidungen oder Untersuchungen der nach dieser Verordnung zuständigen Aufsichtsbehörde zu berücksichtigen, die nationale Aufsichtsbehörde zu informieren und sich gegebenenfalls mit dieser abzustimmen hat.

Entscheidung des EuGH

In seinem Urteil führt der Gerichtshof aus, dass es sich für die Wettbewerbsbehörde des betreffenden Mitgliedstaats im Rahmen der Prüfung, ob ein Unternehmen eine beherrschende Stellung missbraucht, als notwendig erweisen kann, auch zu prüfen, ob das Verhalten dieses Unternehmens mit anderen als den wettbewerbsrechtlichen Vorschriften, etwa mit den Vorschriften der DSGVO, vereinbar ist. Wenn die nationale Wettbewerbsbehörde einen Verstoß gegen die DSGVO feststellt, tritt sie allerdings nicht an die Stelle der durch diese Verordnung eingerichteten Aufsichtsbehörden. Die Prüfung, ob die DSGVO eingehalten wird, erfolgt nämlich ausschließlich, um den Missbrauch einer beherrschenden Stellung festzustellen und gemäß den wettbewerbsrechtlichen Vorschriften Maßnahmen zur Abstellung dieses Missbrauchs aufzuerlegen.

Um eine kohärente Anwendung der DSGVO zu gewährleisten, sind die nationalen Wettbewerbsbehörden verpflichtet, sich abzustimmen und loyal mit den Behörden, die die Einhaltung dieser Verordnung überwachen, zusammenzuarbeiten.

Was die Frage betrifft, ob die Verarbeitung der sogenannten „sensiblen Daten“
(die u. a. die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse Überzeugungen oder die sexuelle Orientierung offenbaren können) ausnahmsweise zulässig ist, weil die betroffene Person diese Daten offensichtlich öffentlich gemacht hat, stellt der EuGH klar, dass die bloße Tatsache, dass ein Nutzer Websites oder Apps aufruft, die solche Informationen offenbaren können, keineswegs bedeutet, dass er seine Daten im Sinne der DSGVO offensichtlich öffentlich macht. Ebenso verhält es sich, wenn ein Nutzer Daten auf solchen Websites oder in solchen Apps eingibt oder darin eingebundene Schaltflächen betätigt, es sei denn, er hat zuvor explizit seine Entscheidung zum Ausdruck gebracht, die ihn betreffenden Daten einer unbegrenzten Zahl von Personen öffentlich zugänglich zu machen.

Mehr zu dem aktuellen Urteil finden Sie in der Pressemitteilung Nr. 113/23 mit Link zum ausführlichen Urteil..

Fundstelle

EuGH-Urteil vom 4. Juli 2023 in der Rechtssache C-252/21 Meta Platforms u. a. (Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks).

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