Gewerbesteuerliche Behandlung von Anteilsveräußerungen im Rahmen mehrstöckiger Personengesellschaften

Wird bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft ein Mitunternehmeranteil der Obergesellschaft veräußert, gehört zum Gewerbeertrag der Obergesellschaft auch der Veräußerungsgewinn, der auf dem Wegfall des negativen Kapitalkontos beruht, wenn das negative Kapitalkonto des Mitunternehmers auf negativen Kapitalkonten der Obergesellschaft bei Untergesellschaften beruht. Der Gewerbeertrag der Obergesellschaft ist auch weder nach § 9 Nr. 2 GewStG noch nach § 9 Nr. 3 GewStG um einen bei der Untergesellschaft entstandenen Veräußerungsgewinn zu mindern; der Veräußerungsgewinn ist nicht (nach dem Verhältnis der stillen Reserven) zwischen Obergesellschaft und Untergesellschaft aufzuteilen (vgl. FG München, Gerichtsbescheid v. 26.8.2022, 2 K 1842/21). Dies hat das Finanzgericht Bremen in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Oberpersonengesellschaft (GmbH & Co. KG), die im Streitjahr 2016 als jeweils einzige Kommanditistin an zwei Unter-KG beteiligt war, die beide Handelsschiffe im internationalen Verkehr betrieben. Zum 31.12.2015 wurden für die Klägerin verrechenbare Verluste nach § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG und vortragsfähige Gewerbeverluste nach § 10a Satz 6 GewStG bei beiden Unter-KG gesondert festgestellt.

Mit Vertrag vom 15.9.2016 veräußerte die einzige Kommanditistin der Klägerin (A-KG) ihren Kommanditanteil sowie ihren Anteil an der Komplementär-GmbH der Klägerin rückwirkend zum 1.7.2016 an B.

Richterliche Entscheidung

Das Finanzgericht Bremen hat entschieden, dass der durch die Kommanditistin der Klägerin erzielte Gewinn aus der Veräußerung ihres Mitunternehmeranteils ausschließlich im Gewerbesteuermessbescheid der Klägerin zu berücksichtigen ist, weil der Gewinn nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG zum Gewerbeertrag der Klägerin rechnet.

Der Veräußerungsgewinn ist entgegen einer Mindermeinung im Schrifttum (bspw. Roser in Lenski/Steinberg, GewStG, 123. Erg.-Lfg. Juni 2018, § 7 Rn. 324a) nicht entsprechend den stillen Reserven im Betriebsvermögen der Ober- und Unter-KG auf diese Gesellschaften zu verteilen (keine „Durchstockung des Veräußerungsgewinns“, so auch bereits das FG München im Gerichtsbescheid 2 K 1842/21 vom 26.8.2022 und die ganz herrschende Meinung im Schrifttum, vgl. die Nachweise in Rn. 138 f. des Urteils des Finanzgerichts Bremen).

Bei der Berücksichtigung im GewSt-Messbescheid der Klägerin (Ober-KG) kann der Veräußerungsgewinn nur mit dem für die A-KG bei der Klägerin zum 31.12.2015 gesondert festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust (§ 10a Satz 6 GewStG) verrechnet werden.

Eine Möglichkeit der Verrechnung mit Verlusten, die für die Klägerin bei den Unter-KG gesondert festgestellt wurden, besteht nicht. Im Einkommensteuerrecht seien zwar, so das Finanzgericht, bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns auch die nach § 15a EStG festgestellten nur verrechenbaren Verluste aus der Beteiligung der Obergesellschaft an den Untergesellschaften zu berücksichtigen, soweit der Gewinn aus der Anteilsveräußerung auf die stillen Reserven der Untergesellschaft entfalle (vgl. dazu BFH vom 1.7.2004, IV R 67/00, BStBl. II 2010, 157, unter 1.b); Heuermann in Brandis/Heuermann, 158. Erg.-Lfg. August 2021, § 15a EStG Rn. 262). Hingegen seien bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Personengesellschaft (hier: der Klägerin) verrechenbare Verluste i.S.d. § 15a EStG aus den Unter-KG nicht zu abzuziehen.

Da bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Unter-KG der Veräußerungsgewinn nicht zu berücksichtigen sei, komme es auch nicht zu einer gewerbesteuerrechtlichen Doppelbesteuerung, die es rechtfertigen würde, auf Ebene der Klägerin die Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG anzuwenden. Ebenso wenig unterfalle der Veräußerungsgewinn auf Ebene der Klägerin der Kürzung nach § 9 Nr. 3 Satz 2 GewStG, denn die Klägerin betreibe – anders als die beiden Unter-KG – keine Handelsschiffe im internationalen Verkehr.

Daher unterliegt der Veräußerungsgewinn der Kommanditistin nach der Auffassung des Finanzgerichts auf Ebene der Klägerin in voller Höhe der Gewerbesteuer. Das Gericht hat außerdem die Entscheidung des Finanzamts bestätigt, keine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO zu gewähren.

Fundstelle

Finanzgericht Bremen, Urteil vom 16. Februar 2023 (1 K 21/21 (5)), die Revision ist beim BFH unter dem Az. IV R 9/23 anhängig.

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