Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs

§ 16 Abs. 5 GrEStG steht einer Aufhebung der Grunderwerbsteuer nach § 16 Abs. 2 GrEStG nicht entgegen, wenn der Notar den Erwerbsvorgang zwar nicht innerhalb der für ihn geltenden Frist des § 18 GrEStG anzeigt, seine Anzeige bei dem zuständigen Finanzamt aber noch innerhalb der für den Steuerschuldner geltenden Frist des § 19 GrEStG eingeht. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Hintergrund

Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, wird nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG)auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder eine bereits erfolgte Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG betrifft über seinen Wortlaut hinaus auch Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2 bis 3a GrEStG. Dies folgt aus § 16 Abs. 5 GrEStG, wonach § 16 Abs. 1 bis 4 GrEStG nicht gilt, wenn einer der in § 1 Abs. 2 bis 3a GrEStG bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht ordnungsgemäß angezeigt war.

§ 16 Abs. 5 GrEStG schließt den Anspruch auf Aufhebung der Steuerfestsetzung aus, wenn ein Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zwar innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht, aber nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18, 19 GrEStG) wurde.

Sachverhalt

Streitig zwischen den Beteiligten war die Aufhebung der geänderten Grunderwerbsteuerfestsetzung gemäß § 16 Abs. 2 GrEStG. Nach Auffassung des Finanzgerichts München stand der Aufhebung die Frist des § 16 Abs. 5 GrEStG entgegen. Weder die Klägerin noch der beurkundende Notar hätten den Erwerbsvorgang der Grunderwerbsteuerstelle des FA gemäß §§ 18, 19 GrEStG fristgerecht angezeigt.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

Die Anzeigepflichten für den Notar nach § 18 GrEStG und für den Steuerschuldner nach § 19 GrEStG bestehen grundsätzlich selbständig nebeneinander. Die Wirkungen der Anzeigen können jedoch bei der Anwendung des § 16 Abs. 5 GrEStG unter bestimmten Voraussetzungen dem anderen Anzeigepflichtigen zugerechnet werden.

Die Anzeigepflichten gemäß §§ 18, 19 GrEStG sind innerhalb von zwei Wochen zu erfüllen, knüpfen jedoch für die verschiedenen Anzeigepflichtigen an verschiedene Ereignisse an und können deshalb zu unterschiedlichen Zeitpunkten beginnen.

Der BFH hat bereits entschieden, dass es für § 16 Abs. 5 GrEStG ausreicht, wenn einer von mehreren Anzeigeverpflichteten seiner Anzeigepflicht ordnungsgemäß und fristgerecht nachkommt (vgl. BFH-Urteile vom 18.04.2012 - II R 51/11, BFHE 236, 569, BStBl II 2013, 830, Rz 24; vom 03.03.2015 - II R 30/13, BFHE 249, 212, BStBl II 2015, 777, Rz 23 und vom 22.05.2019 - II R 24/16, BFHE 265, 454, BStBl II 2020, 157, Rz 19). Danach wirkt die Anzeige des Notars für Zwecke des § 16 Abs. 5 GrEStG auch für den Steuerschuldner.

Die Urteile sind zwar zu § 16 Abs. 5 GrEStG a.F. ergangen. Die Vorschrift verlangt jedoch auch in der neuen Fassung nicht, dass beide Anzeigeverpflichtete jeweils ihren Anzeigepflichten "fristgerecht und in allen Teilen vollständig" nachkommen. Vielmehr ist § 16 Abs. 5 GrEStG weiterhin passivisch formuliert. Es genügt, dass der Erwerbsvorgang angezeigt "war".

Ausgehend vom Wortlaut und Zweck des § 16 Abs. 5 GrEStG reicht es danach aus, dass der Erwerbsvorgang innerhalb der für den Notar nach § 18 Abs. 3 Satz 1 GrEStG oder der für den Steuerschuldner nach § 19 Abs. 3 Satz 1 GrEStG geltenden Anzeigefrist in allen Teilen vollständig angezeigt war und zwar unabhängig davon, von wem und für wen die Anzeige erfolgt ist.

Die Anzeige muss grundsätzlich an die Grunderwerbsteuerstelle des zuständigen Finanzamts übermittelt werden. Ist dies der Fall, kommt es nicht darauf an, ob die Anzeige durch den Notar oder den Steuerschuldner erfolgt ist. Unerheblich ist auch, ob der Steuerschuldner Kenntnis davon hatte, ob und wenn ja zu welchem Zeitpunkt der Notar seiner Anzeigepflicht nach der den Notar geltenden Frist nachgekommen ist.

Maßgeblich ist, dass dem zuständigen Finanzamt innerhalb einer der gesetzlichen Fristen der steuerbare Vorgang vollständig angezeigt wurde. Ist dies der Fall, ist der Normzweck des § 16 Abs. 5 GrEStG erfüllt. Die Vorschrift schließt die Anwendung des § 16 Abs. 1 bis 4 GrEStG dann nicht mehr aus.

Es reicht daher aus, wenn der Notar eine Anzeige erstattet, die zwar nach der gemäß § 18 Abs. 3 GrEStG für den Notar laufenden Frist verspätet ist, die dem zuständigen Finanzamt aber innerhalb der nach § 19 Abs. 3 GrEStG für den Steuerschuldner geltenden Frist zugeht.

In einem solchen Fall wird der Zweck des § 16 Abs. 5 GrEStG gewahrt, nämlich auf Grundlage einer entsprechenden Anzeige dem Finanzamt die ordnungsgemäße Prüfung des Steuerfalls zu ermöglichen. Dies gilt auch dann, wenn die Verwirklichung des Erwerbstatbestands des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG von der Genehmigung einer Vertragspartei abhängt und diese für die Berechnung der in § 19 GrEStG benannten Fristen für die Anzeigepflicht eines Beteiligten maßgebend ist.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 21. Juni 2023 (II R 2/21), veröffentlicht am 5. Oktober 2023.

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