EuGH-Schlussanträge zur Nichtsteuerbarkeit von Innenumsätzen bei umsatzsteuerlicher Organschaft
Aufgrund eines zweiten Vorabentscheidungsersuchens des Bundesfinanzhofs in Sachen Steuerbarkeit von Innenumsätzen im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft hat der Generalanwalt in seinen heutigen Schlussanträgen eine erste Einschätzung dahingehend gegeben, dass Innenumsätze nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallen.
Hintergrund
Die Klägerin ist Trägerin einer Universität. Sie erbrachte umsatzsteuerbare Leistungen und nahm auch nicht umsatzsteuerbare hoheitliche Aufgaben wahr. Sie war Organträgerin einer GmbH, die für die Klägerin unter anderem entgeltliche Reinigungsarbeiten erbrachte. Diese Leistungen erstreckten sich sowohl auf unternehmerisch (Krankenhausbetrieb) als auch auf hoheitlich (für den eigentlichen Universitätsbetrieb) genutzte Flächen.
Die Vorlagefragen des BFH lauten diesmal, ob entgeltliche Innenleistungen des Organkreises generell nicht steuerbar seien und – zweitens – ob entgeltliche Innenleistungen (zumindest) dann der Mehrwertsteuer unterliegen, wenn der Leistungsempfänger nicht oder nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Mehr zum erneuten Vorlagebeschluss des BFH finden Sie in unserem Blogbeitrag vom 15. Juni 2023.
Schlussanträge
Generalanwalt Athanasios Rantos empfiehlt dem Gericht zu entscheiden, dass entgeltliche Leistungen zwischen Personen, die einem Zusammenschluss rechtlich unabhängiger, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbundener Personen nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallen, und zwar selbst dann nicht, wenn der Leistungsempfänger nicht (oder nur teilweise) zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Aus den Erwägungen des GA folgt, dass die mit Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 in Verbindung mit Art. 2 Nr. 1 der MwStRL verfolgten Ziele - entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhofs - einer Auslegung dahingehend, dass die Innenumsätze einer Mehrwertsteuergruppe nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, nicht entgegenstehen. Wenn es keinen Steuervorteil für die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Mitglieder der Gruppe gibt, so der GA, seien die Zweifel des vorlegenden Gerichts im Hinblick auf das Ziel der Regelung über die Mehrwertsteuergruppe, bestimmte Missbräuche zu verhindern, nicht gerechtfertigt.
Eine gegenteilige Lösung, wonach Leistungen, die ein Mitglied der Mehrwertsteuergruppe an ein anderes Mitglied derselben Gruppe (oder an die Mehrwertsteuergruppe als solche) erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegende Umsätze darstellen, würde voraussetzen, dass dieses Mitglied ein Steuerpflichtiger ist, was mit dem Wesen der Mehrwertsteuergruppe als einziger Steuerpflichtiger, wie es sich aus dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der MwStRL sowie der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs (zitiert in Rz. 38 bis 40 der Schlussanträge) ergibt, unvereinbar ist.
Fundstelle
EuGH, Schlussanträge vom 16. Mai 2024 in der Rechtssache C-184/23 - Finanzamt T II.
Eine englische Zusammenfassung der Schlussanträge finden Sie hier.