Klagebefugnis der inländischen Feststellungsbeteiligten einer ausländischen Personengesellschaft bei Streit über die Auslegung und Anerkennung der Gewinnverteilungsabrede

Eine Klagebefugnis der inländischen Feststellungsbeteiligten einer ausländischen (Fonds-)Personengesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist gegeben, wenn über die Auslegung und steuerrechtliche Anerkennung der Gewinnverteilungsabrede Streit besteht. Die Klagebefugnis der Gesellschafter entfällt auch nicht deshalb zugunsten einer alleinigen Klagebefugnis der Gesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO, weil das Finanzamt aus der Nichtanerkennung der Gewinnverteilungsabrede den Schluss zieht, dass kapital-disproportionale Gewinnanteile aus einem Carried Interest auf Ebene der Fondsgesellschaft als Tätigkeitsvergütungen und Aufwendungen der Gesellschaft zu behandeln sind und dies in der Ermittlung der festzustellenden Einkünfte auf der Gesellschaftsebene berücksichtigt wird. Dies hat der BFH in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Klägerin ist die X, eine Limited Partnership nach dem Recht der Cayman Islands. Gesellschaftszweck der Klägerin ist die Investition in Beteilungen an außerbörslichen Unternehmen mit der Absicht, hieraus Zinsen, Dividenden und Veräußerungsgewinne zu erzielen. Gesellschafter sind der ausländische General Partner und die beschränkt haftenden Limited Partner (Investoren).

In den Jahren 2006, 2007 und 2010 (Streitjahre) gab es ungefähr 100 Investoren, von denen 15 Gesellschafter im Inland ansässig waren. Zu diesen gehörten sowohl Kapitalgesellschaften als auch natürliche Personen, die die Beteiligung an der Klägerin entweder im Betriebsvermögen oder im Privatvermögen hielten.

Dem General Partner und den Limited Partnern wurden in den Streitjahren nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrags Gewinne unter Berücksichtigung des Carried Interest zugewiesen und auf den Kapitalkonten gutgeschrieben.

Die Klägerin wurde für die Streitjahre vom Finanzamt als vermögensverwaltende ausländische Personengesellschaft und aufgrund der Beteiligungen inländischer Kapitalgesellschaften und inländischer betrieblicher Anleger als sogenannte Zebragesellschaft eingestuft. Für die Streitjahre wurden für die inländischen unbeschränkt steuerpflichtigen Anleger gemäß § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) als Feststellungsbeteiligte Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus privaten Veräußerungsgeschäften gesondert und einheitlich festgestellt.

In den Feststellungserklärungen für die Streitjahre erklärte die Klägerin diejenigen Kapitalerträge, die sich nach Abzug des jeweiligen Ergebnisanteils des General Partners einschließlich eines Carried Interest für die inländischen Feststellungsbeteiligten als Limited Partner ergaben.

Bei einer Außenprüfung für die Streitjahre gelangte die Prüferin zu dem Ergebnis, der Carried Interest des General Partners sei in allen Streitjahren nicht als Gewinnanteil, sondern als Tätigkeitsvergütung einzuordnen, die die Limited Partner dem General Partner im Rahmen eines abgekürzten Zahlungswegs über die Gewinnverteilung gezahlt hätten.

Die Klage vor dem Finanzgericht München hatte Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision aus verfahrensrechtlichen Gründen stattgegeben, die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Das Finanzgericht hat es unterlassen, neben den ausgeschiedenen Gesellschaftern der Klägerin auch die übrigen inländischen Gesellschafter (Feststellungsbeteiligten) gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen. Diese sind jeweils gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO persönlich klagebefugt und haben nicht selbst Klage erhoben. Hierin liegt ein Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens.

Eine Klagebefugnis der inländischen Feststellungsbeteiligten einer ausländischen (Fonds-)Personengesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO ist gegeben, wenn über die Auslegung und steuerrechtliche Anerkennung der Gewinnverteilungsabrede Streit besteht.

Die Klagebefugnis der Gesellschafter entfällt auch nicht deshalb zugunsten einer alleinigen Klagebefugnis der Gesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO, weil das Finanzamt aus der Nichtanerkennung der Gewinnverteilungsabrede den Schluss zieht, dass kapital-disproportionale Gewinnanteile aus einem Carried Interest auf Ebene der Fondsgesellschaft als Tätigkeitsvergütungen und Aufwendungen der Gesellschaft zu behandeln sind und dies in der Ermittlung der festzustellenden Einkünfte auf der Gesellschaftsebene berücksichtigt wird.

Dass § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG nur auf Ebene des Carried Interest-Berechtigten oder einer Carry-Holder-Gesellschaft Wirkung entfaltet und keine Bedeutung für die Gewinnverteilung und Einkünfteermittlung auf Ebene der Fondsgesellschaft hat (BFH-Urteil vom 11.12.2018, VIII R 11/16, BFHE 263, 418, Rz 50), ergibt sich auch aus dem Normzweck und der systematischen Verortung in § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG statt in den Regelungen zur Einkünfteermittlung gemäß § 20 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 oder § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 EStG.

§ 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist danach keiner Auslegung zugänglich, die die in Tz. 24 des BMF-Schreibens vom 16.12.2003 (BStBl I 2004, 40) enthaltene Sichtweise stützt. Weder wird der erhöhte Gewinnanteil überhaupt in eine schuldrechtliche Tätigkeitsvergütung umqualifiziert noch lässt sich aus dem Gesetzeswortlaut und Normzweck ableiten, dass die Regelung in die Gewinnverteilung und Einkünfteermittlung der Fondsgesellschaft hineinwirkt und auf dieser Ebene ein der Einkommensverwendung zuzurechnender Gewinnverzicht der Investoren stattfindet.

Der Carried Interest–Berechtigte und die Investoren erzielen auf der Fondsebene vielmehr die ihnen im Rahmen der Gewinnverteilung zugewiesenen Beträge und Einkünfte (§ 20 Abs. 1, Abs. 2, § 23 EStG); Werbungskosten und Veräußerungskosten der Investoren können aufgrund des Carried Interest nicht entstehen (vgl. Lauer/Dürr, Ubg 2023, 435 (441)).

Fundstelle

BFH, Urteil vom 16. April 2024 (VIII R 3/21), veröffentlicht am 18. Juli 2024.

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