Bekämpfung aggressiver Steuerplanung: EuGH bestätigt die Gültigkeit verschiedener Bestimmungen der Unionsrichtlinie
In einem belgischen Fall hat der EuGH zu verschiedenen Bestimmungen der Unionsrichtlinie bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen Stellung genommen.
In dem zugrunde liegenden belgischen Fall ging es um das belgische Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie, welches nach Dafürhalten der Kläger u. a. gegen eine Reihe von Bestimmungen der Charta der Grundrechte der EU und gegen allgemeine Grundsätze des Unionsrechts verstößt. Dies nahm der EuGH in seinem Urteil zum Anlass, zu verschiedenen Bestimmungen der Richtlinie erläuternde Hinweise zu geben.
Insbesondere stellen die Europarichter fest, dass der Grad an Bestimmtheit und Klarheit der Terminologie in den von ihm zu prüfenden Bestimmungen der Richtlinie deren Gültigkeit im Licht der Grundsätze der Rechtssicherheit und der Gesetzmäßigkeit in Strafsachen nicht in Frage stellt und dass der mit der Meldepflicht verbundene Eingriff in das Privatleben des Intermediärs und des Steuerpflichtigen im Hinblick auf die Informationen, die diese Meldung enthalten muss, hinreichend genau bestimmt wird.
Überdies habe der Gerichtshof in seinem Urteil vom 8. Dezember 2022 (Orde van Vlaamse Balies u. a.) entschieden, dass die einem Rechtsanwalt (der wegen seiner Verschwiegenheitspflicht von der Meldepflicht befreit ist) auferlegte Pflicht, die anderen an der steuerlichen Gestaltung beteiligten Intermediäre über deren Meldepflichten zu unterrichten, das Berufsgeheimnis verletzt. Die Vertraulichkeit der Beziehung zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten genieße einen ganz speziellen Schutz, der sich aus der singulären Stellung des Rechtsanwalts innerhalb der Gerichtsorganisation der Mitgliedstaaten sowie der ihm übertragenen grundlegenden Aufgabe ergibt, die von allen Mitgliedstaaten anerkannt wird.
Schließlich stellt der EuGH fest, dass die Meldepflicht der Intermediäre, die nicht wegen der ihnen obliegenden Verschwiegenheitspflicht von ihr befreit sind und die subsidiäre Meldepflicht des betreffenden Steuerpflichtigen einen verhältnismäßigen und gerechtfertigten Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens, verstanden als das Recht jeder Person, ihr Privatleben zu gestalten, darstellen.
Fundstelle
EuGH, Urteil vom 29. Juli 2024 in der Rechtssache C-623/22 Belgian Association of Tax Lawyers u. a.; EuGH-Pressemitteilung Nr. 119/24.