Grunderwerbsteuer bei Grundstückserwerb im Umlegungsverfahren

Der Eigentumserwerb an Grundstücken durch einen interkommunalen Zweckverband im Rahmen einer Umlegung ist nicht von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn der Zweckverband nicht als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks am Umlegungsverfahren teilgenommen hat. Der Grundstückserwerb des Zweckverbandes ist auch nicht aufgrund einer interpolierenden Zusammenschau der Befreiungstatbestände von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b i.V.m. § 4 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes steuerfrei zu stellen. Dies hat der BFH in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Der Kläger ist ein durch drei Kommunen gebildeter Zweckverband in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehört es, ein künftiges Gewerbegebiet mit einer Größe von etwa 24 ha zu planen und zu erschließen sowie die hierfür notwendigen Grundstücke zu erwerben und zu vermarkten. Eigentümer der im Planungsgebiet gelegenen Grundstücke waren ganz überwiegend Privatpersonen. Den am Zweckverband beteiligten Gemeinden gehörten circa 3,5 ha der Gesamtfläche. Der Kläger selbst hatte vor der später erfolgten Umlegung kein Grundstückseigentum im Zweckverbandsgebiet.

Im Jahr 2013 leitete der Kläger ein Umlegungsverfahren gemäß §§ 45 ff. des Baugesetzbuchs (BauGB) ein, in das die Gemeinden und die Privateigentümer ihre Grundstücke einbrachten. Am 16.12.2013 stellte er einen Umlegungsplan mit dem in Aussicht genommenen neuen Zuschnitt der eingebrachten Grundstücke auf. Mit Inkrafttreten des Umlegungsplans am 25.01.2014 wurde dem Kläger gemäß § 72 BauGB das Eigentum an einer Grundstücksfläche von insgesamt 23,93 ha im Umlegungsgebiet zugewiesen. Die früheren Grundstückseigentümer erhielten zum Ausgleich für den Verlust ihres Eigentums entsprechende Ausgleichszahlungen im Sinne des § 59 Abs. 2 und 4 BauGB.

Nachdem der Kläger dem zunächst zuständigen Finanzamt den Umlegungsplan übersandt hatte, setzte dieses Grunderwerbsteuer fest. Als Bemessungsgrundlage legte es die vom Kläger geleisteten Ausgleichszahlungen zugrunde.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem Hessischen Finanzgericht keinen Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht hat die Steuerbarkeit des Grundstückserwerbs des Klägers gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG zu Recht bejaht. Der Kläger hat mit der Bekanntmachung des Umlegungsplans kraft Gesetzes gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1, § 72 Abs. 1 Satz 1 BauGB Eigentum an den ihm zugeteilten Grundstücken erlangt, ohne dass ein Rechtsgeschäft, das einen Übereignungsanspruch begründet, vorausgegangen ist, und ohne dass es einer Auflassung bedurft hat. Dieser Vorgang führte zu einem Rechtsträgerwechsel im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne.

Das Finanzgericht hat auch zu Recht entschieden, dass der Eigentumserwerb des Klägers nicht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b GrEStG von der Besteuerung ausgenommen ist. Die nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift für eine Befreiung von der Grunderwerbsteuer erforderliche Voraussetzung, dass der Erwerber an dem Umlegungsverfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks teilgenommen haben muss, ist im Streitfall nicht erfüllt. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger angesichts seiner Übernahme planerischer Aufgaben von den Gemeinden gemäß § 205 Abs. 4 BauGB als Beteiligter des Umlegungsverfahrens im Sinne des § 48 Abs. 1 Nr. 4 BauGB angesehen werden kann, denn jedenfalls hat er nicht als Eigentümer eines Grundstücks am Umlegungsverfahren teilgenommen. Die im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücke gehörten vor Durchführung der Umlegung entweder den Privateigentümern oder den Gemeinden.

Für eine Zurechnung der im Eigentum der Gemeinden stehenden Grundstücke an den Kläger fehlt es an einer Rechtsgrundlage.

Wie das Finanzgericht zu Recht entschieden hat, ist § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b GrEStG nicht in dem von dem Kläger begehrten Sinne erweiternd auszulegen, da keine zweckwidrige Regelungslücke vorliegt.

<>Das Finanzgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass auch eine Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 1 GrEStG ausscheidet. Die Steuerbefreiung kommt nur in Betracht, wenn sowohl der Grundstücksveräußerer als auch der Grundstückserwerber eine juristische Person des öffentlichen Rechts sind. Daran fehlt es im Streitfall schon deswegen, weil es vorliegend nur noch um die Steuerbefreiung des Grundstückserwerbs des Klägers von den Privateigentümern geht.

 

Ebenfalls zu Recht ist das Finanzgericht davon ausgegangen, dass der Grundstückserwerb des Klägers nicht aufgrund einer Zusammenschau der Befreiungstatbestände von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b i.V.m. § 4 Nr. 1 GrEStG steuerfrei zu stellen ist. Es fehlt bereits an dem einem abgekürzten Weg typischerweise zugrunde liegenden Dreiecksverhältnis.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 15. Mai 2024 (II R 4/22), veröffentlicht am 1. August 2024.

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