Besteuerung des Einbringungsgewinns im Falle einer Sperrfristverletzung durch den unentgeltlichen Rechtsnachfolger

Das Finanzgericht Düsseldorf hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass ein Einbringungsgewinn II im Falle einer Sperrfristverletzung durch den (unentgeltlichen) Rechtsnachfolger nicht rückwirkend beim originär Einbringenden, sondern beim Rechtsnachfolger zu besteuern ist. Das Finanzgericht stellt sich damit gegen die Auffassung der Verwaltung in Rn. 22.41 UmwStE 2011 zu § 22 Abs. 6 UmwStG, die im Entwurf für einen neuen Umwandlungssteuererlass vom 11.10.23 unverändert enthalten ist.

Sachverhalt

Der Kläger führte ein Handelsgeschäft als Einzelkaufmann und war alleiniger Gesellschafter der X-GmbH. Am 2.11.2011 gründete er mit der X-GmbH eine KG und erfüllte seine Einlageverpflichtung durch Übertragung der Anteile an der X-GmbH auf die KG. Außerdem übertrug er das gesamte Betriebsvermögen auf die KG. Ebenfalls mit Vertrag vom 2.11.2011 übertrug der Kläger seinen Kommanditanteil an der KG auf seinen Sohn durch Schenkung. Am 21.8.2013 wurde u.a. der Formwechsel der KG (rückwirkend) zum 31.12.2012 in die A GmbH sowie die Ausgliederung des Geschäftsbetriebs der durch Formwechsel entstandenen A-GmbH auf die X-GmbH zu Buchwerten beschlossen.

Im Anschluss an eine BP vertrat die Verwaltung die Auffassung, dass durch den Formwechsel eine Einbringungsgewinnbesteuerung gem. § 24 Abs. 5 i.V.m. § 22 Abs. 2 UmwStG ausgelöst worden sei, die zu einer rückwirkenden Besteuerung beim Rechtsvorgänger im Streitjahr 2011 führe. Dies begründete die Verwaltung u.a. damit, dass § 25 UmwStG in § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 UmwStG nicht aufgeführt sei und die Rückausnahme somit nicht greife. Zudem komme es bei § 24 Abs. 5 UmwStG nicht darauf an, dass tatsächlich ein Gewinn entsteht, sondern allein ein Statusverbesserung eintrete. Letzteres sei durch den Formwechsel gegeben, weil die sperrfristbehafteten Anteile an der X-GmbH nunmehr in vollem Umfang § 8b Abs. 2 KStG statt wie bisher dem Teileinkünfteverfahren unterlägen.

Richterliche Entscheidung

Die Klage ist begründet und der Einkommensteuerbescheid 2011 hinsichtlich der Berücksichtigung des Einbringungsgewinns rechtwidrig. Das Finanzgericht Düsseldorf ist der Auffassung, dass der Einbringungsgewinn – sofern er dem Grunde nach angefallen sein sollte – nicht vom Kläger, sondern von dem Sohn des Klägers als dessen Rechtsnachfolger zu versteuern sei. Das Finanzgericht begründet dies insbesondere mit dem Wortlaut sowie Telos des § 22 Abs. 6 UmwStG.

Liegen sperrfristbehaftete Anteile i.S.d. § 24 Abs. 5 UmwStG vor (was das Gericht unterstellt), sei nach § 24 Abs. 5 Halbsatz 2 UmwStG auch § 22 Abs. 6 UmwStG entsprechend anzuwenden. Nach § 22 Abs. 6 UmwStG gilt in den Fällen der unentgeltlichen Rechtsnachfolge der Rechtsnachfolger des Einbringenden als Einbringender i.S.d. Abs. 1 bis 5 und der Rechtsnachfolger der übernehmenden Gesellschaft als übernehmende Gesellschaft i.S.d. Abs. 2. Die Auffassung des beklagten Finanzamtes, wonach im Fall der Sperrfristverletzung durch den Rechtsnachfolger eine rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns beim originär Einbringenden zu erfolgen hat, stehe im Widerspruch zur gesetzlichen Regelung. Ebenso sei die Begründung der Finanzverwaltung für ihre Ansicht in Rn. 22.41 UmwStE 2011 nicht zu finden. Der Wortlaut von § 22 Abs. 6 Satz 1 UmwStG differenziere nicht hinsichtlich der Fiktionswirkung und insbesondere weder in zeitlicher (Beginn der Fiktion) noch in sachlicher Hinsicht (Besteuerung des Einbringungsgewinns). Es überzeuge nicht, dass der Rechtsnachfolger nur hinsichtlich der Auslösung des Sperrfristverstoßes, nicht aber hinsichtlich der personellen Zuordnung des Einbringungsgewinns als Einbringender anzusehen sei (Rn. 100 f.).

Aus teleologischer Sicht sei zu berücksichtigen, dass eine gegenteilige Ansicht (Erfassung des Einbringungsgewinns beim Rechtsvorgänger) dazu führen würde, dass derjenige die Steuer zahlen müsste, der weder die Sperrfrist verletzt hat noch über die Substanz am Wirtschaftsgut verfügt (Rn. 127 ff.). Die Besteuerung des Einbringungsgewinns beim Rechtsnachfolger sorge zudem für eine gerechte Verteilung der Steuerlast und spiegle dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wider.

Die Aufdeckung der stillen Reserven wäre beim Rechtsvorgänger geboten gewesen, weil dieser durch die Einbringung einen Realisationstatbestand (Tausch) verwirklicht habe. Wenn der Gesetzgeber dies aufschiebe, weil er wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen fördern will, könne eine spätere Besteuerung nur bei demjenigen vollzogen werden, der den aus Sicht des Gesetzgebers erheblichen Realisationstatbestand verwirklicht hat und die begünstigte Veräußerungsgewinnbesteuerung der für die Einbringung erhaltenen Kapitalanteile erhält.

Die zugelassene Revision wurde nicht eingelegt, das Urteil ist laut juris rechtskräftig.

Fundstelle

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 7. März 2024 (8 K 2849/17 E); rkr.; siehe den Newsletter April 2024 des Finanzgerichts.

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