EuGH: Keine Abzugsfähigkeit fremdüblicher Zinsen an verbundene Partei bei künstlicher Vereinbarung

Laut dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ist Artikel 10a der niederländischen Rechtsvorschriften zur Körperschaftssteuer, eine Regelung zur Begrenzung des Zinsabzugs, mit dem EU-Recht vereinbar. Obwohl dieser Artikel einen Unterschied in der Behandlung zwischen einer inländischen und einer grenzüberschreitenden Situation einführt, ist dieser Unterschied durch die Notwendigkeit der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung gerechtfertigt.

Hintergrund

Artikel 10a des niederländischen Rechtsvorschrift zur Körperschaftsteuer soll verhindern, dass die niederländische Steuerbemessungsgrundlage durch die künstliche Schaffung von Zinslasten innerhalb einer einer Gruppe von Steuerzahlern ausgehöhlt wird. Transaktionen, die in den Anwendungsbereich dieses Artikels fallen, sind ein interner oder externer Erwerb, eine Dividendenzahlung (Gewinnausschüttung), oder eine Kapitaleinlage in ein verbundenes Unternehmen (d.h. eine Beteiligung an dem Unternehmen von mindestens 1/3). Zinsen, die sich auf die Finanzierung solcher Transaktionen beziehen, sind nur abzugsfähig, wenn das Darlehen und die zugrunde liegende Transaktion überwiegend auf soliden wirtschaftlichen Erwägungen beruhen oder wenn die erhaltenen Zinsen nach niederländischen Maßstäben effektiv und ausreichend besteuert werden.

Der Fall betrifft X, eine Gesellschaft niederländischen Rechts, die zu einer multinationalen Unternehmensgruppe gehört. Zu dieser Gruppe gehören unter anderem die Gesellschaften A und C, die beide in Belgien ansässig sind. A ist der einzige Aktionär von X und der Mehrheitsaktionär von C. Im Jahr 2000 erwarb X die Mehrheit der Anteile an F, einer Gesellschaft niederländischen Rechts, an der A die restlichen Anteile erwarb. X finanzierte diesen Erwerb durch Darlehen, die mit C aufgenommen wurden, die zu diesem Zweck Eigenmittel verwendete, die sie durch eine Kapitaleinlage von A erhalten hatte. 2007 verweigerten die niederländischen Behörden X den Abzug der an C gezahlten Zinsen. X focht dies an, und 2020 bestätigte das niederländische Berufungsgericht die Zinsabzugsbeschränkung als EU-rechtskonform. X legte Berufung beim Obersten Gerichtshof der Niederlande ein, der dem EuGH Fragen zur Klärung auf der Grundlage der Rechtssache Lexel AB vorlegte, in der der EuGH entschied, dass Transaktionen zu marktüblichen Bedingungen nicht missbräuchlich/künstlich sind.

Zusammenfassend kam der EUGH zu folgendem Ergebnis:

Der EuGH stellt fest, dass die niederländischen Rechtsvorschriften tatsächlich eine Ungleichbehandlung beinhalten. Diese verfolgen allerdings das legitime Ziel der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug. Besagter Artikel 10a des niederländischen Körperschaftsteuergesetzes ist dem Ziel der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung angemessen und gilt auch für Fälle, in denen, wie im vorliegenden, eine Einheit erst infolge des Erwerbs oder der Erhöhung einer Beteiligung zu einer mit dem Steuerpflichtigen verbundenen Einheit wird.

Der Gerichtshof weist auch darauf hin, dass die Vermutung rein künstlicher Gestaltungen vom Steuerpflichtigen widerlegt werden kann. Die Prüfung, ob die Voraussetzung der Marktüblichkeit eingehalten wurde, müsse sich insbesondere auf die wirtschaftliche Realität der Transaktionen beziehen.

Wenn der künstliche Charakter einer bestimmten Transaktion aus einem außergewöhnlich hohen Zinssatz für ein solches Darlehen resultiert, der die wirtschaftliche Realität widerspiegelt, verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Berichtigung für den Teil der für dieses Darlehen gezahlten Zinsen, der den marktüblichen Satz übersteigt. Die Verweigerung des Zinsabzugs würde über das hinausgehen, was notwendig ist, um völlig künstliche Regelungen zu verhindern.

Ist das Darlehen hingegen an sich wirtschaftlich nicht gerechtfertigt und wäre es ohne die Beziehung zwischen den Unternehmen und den angestrebten Steuervorteil nie abgeschlossen worden, so steht es im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, den Abzug der gesamten Zinsen zu verweigern.

Fundstelle

EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2024 in der Rechtssache C-585/22 X BV. – Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels war das Urteil nur in dänischer, französischer, litauischer, niederländischer und finnischer Sprache abrufbar.

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.

Lesen Sie hierzu auch den PwC EUDTG Newsalert vom 4 October 2024.

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