Ernstliche Zweifel an der Verlängerung der Nachbehaltensfrist nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG von fünf auf zehn Jahre für Erwerbsvorgänge vor dem 1.7.2021
Das Finanzgericht Düsseldorf hat mit aktuellem Beschluss die Vollziehung eines Bescheids über Grunderwerbsteuer für einen vor dem Inkrafttreten des Grunderwerbsteueränderungsgesetzes am 1.7.2021 verwirklichten Erwerbsvorgang ausgesetzt, der aufgrund eines Verstoßes gegen die mit diesem Gesetz eingeführten zehnjährigen Nachbehaltensfrist ergangen war, für den die davor geltenden fünfjährigen Nachbehaltensfrist jedoch bereits verstrichen war.
Sachverhalt
Am 19.1.2018 wurden der Antragstellerin von einer anderen Personengesellschaft, die ebenfalls aus den Gesellschaftern der Antragstellerin bestand, Grundstücke übertragen. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG (Steuerbefreiung für Grundstücksübergänge von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand) wurde hierfür die Grunderwerbsteuer (zunächst) nicht erhoben.
Am 16.6.2023 wurde der Formwechsel der Antragstellerin in eine GmbH in das Handelsregister eingetragen. Dies wurde vom Finanzamt als Verminderung des Anteils der Gesamthänder am Vermögen der Antragstellerin und damit als Verstoß gegen die Nachbehaltensfrist i.S.v. § 6 Abs. 3 Satz § GrEStG beurteilt, sodass es einen Änderungsbescheid erließ und darin Grunderwerbsteuer festsetzte.
Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung.
Richterliche Entscheidung
Das Finanzgericht Düsseldorf hielt den Antrag für begründet. Nach summarischer Prüfung gelangte es zum Ergebnis, dass die zehnjährige Nachbehaltensfrist i.S.v. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG i.d.F. des Grunderwerbsteueränderungsgesetzes v. 12.5.2021 nach den Anwendungsvorschriften in § 23 Abs. 18 und Abs. 24 GrEStG auf die Grundstücksübertragungen vom 19.1.2018 keine Anwendung finde (daher: Anwendung der früher geltenden, aber zum Zeitpunkt des Formwechsels bereits verstrichenen Fünfjahresfrist).
Insbesondere § 23 Abs. 24 GrEStG („[…] § 6 Absatz 3 Satz 2 […] in der am 1. Juli 2021 geltenden Fassung sind nicht anzuwenden, wenn die in […] § 6 Absatz 3 Satz 2 […] in der am 30. Juni 2021 geltenden Fassung geregelte Frist vor dem 1. Juli 2021 abgelaufen war.“) führte nicht dazu, dass die verlängerte, zehnjährige Nachbehaltensfrist anzuwenden war.
Das Finanzgericht weist zwar darauf hin, dass die Vorschrift davon auszugehen scheine, dass die Zehnjahresfrist auch für Erwerbsvorgänge vor dem 1.7.2021 gilt, sofern die Fünfjahresfrist bei Inkrafttreten des Grunderwerbsteueränderungsgesetzes noch nicht abgelaufen war.
Dieser Auslegung folgte das Finanzgericht – auch unter Heranziehung systematischer und teleologischer Argumente – ausdrücklich nicht und stellt sich ausdrücklich gegen die dem entsprechende Auffassung der Finanzverwaltung (siehe hierzu Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder – Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG vom 5.3.2024, Tz. 123).
Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Beschwerde beim BFH zugelassen. Ob diese erhoben wurde, ist derzeit nicht bekannt.
Fundstelle
Finanzgericht Düsseldorf, Beschluss vom 9. September 2024 (11 V 1325/24 A (GE)); siehe den Newsletter Oktober 2024 des Finanzgerichts.