Unentgeltliche Wärmelieferungen aus unternehmerischen Gründen an andere Unternehmer für deren unternehmerische Tätigkeit
Auch wenn Wärme unentgeltlich an andere Unternehmer für deren Unternehmen (wirtschaftliche Tätigkeit) abgegeben wird, handelt es sich um eine unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands im Sinne des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 UStG. Der Besteuerung der unentgeltlichen Zuwendung steht nicht entgegen, dass die Leistungsempfänger die Wärme für Zwecke verwenden, die sie zum Vorsteuerabzug berechtigen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Die Klägerin betreibt eine Biogasanlage zur Erzeugung von Biogas aus Biomasse. Das erzeugte Biogas wurde im Jahr 2008 (Streitjahr) zur dezentralen Strom- und Wärmeproduktion in einem angeschlossenen Blockheizkraftwerk (BHKW) genutzt, indem es einem Verbrennungsmotor zugeführt wurde, der einen Generator antrieb. Der so produzierte Strom wurde überwiegend in das allgemeine Stromnetz eingespeist und von dem Stromnetzbetreiber vergütet. Die durch diesen Prozess ebenfalls erzeugte Wärme diente zu einem Teil dem Produktionsprozess. Den überwiegenden Teil der Wärme überließ die Klägerin dem Unternehmer A "kostenlos" zur Trocknung von Holz in Containern und der B GbR (B), die mit der Wärme ihre Spargelfelder beheizte.
Im Streitjahr erhielt die Klägerin für die Lieferung von Strom vom Stromnetzbetreiber neben der sogenannten Mindest-Einspeisevergütung nach § 8 Abs. 1 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) einen Erhöhungsbetrag nach § 8 Abs. 3 EEG (sog. Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)-Bonus), weil es sich bei dem von ihr erzeugten Strom um solchen für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung handelte. Auch dieser KWK-Bonus wurde vom Finanzamt in die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze einbezogen. Da die Klägerin den Wärmeabnehmern kein Entgelt in Rechnung stellte, ging das FA von einer unentgeltlichen Entnahme der Wärme an A und B aus. Mangels eines Einkaufspreises für Wärme berechnete es die Bemessungsgrundlage für diese Entnahme nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG mit den Selbstkosten.
Das Niedersächsische Finanzgericht hatte der Klage im zweiten Rechtsgang teilweise stattgegeben: Die Umsatzsteuer für die unentgeltlichen Wertabgaben bemesse sich nach den Selbstkosten, die nach der sog. Marktwertmethode zu berechnen seien. Es sei auf die Marktwerte für Strom und Wärme am konkreten Ort der Klägerin abzustellen.
Nach der Revision durch das Finanzamt setzte der BFH das Verfahren aus und legte dem EuGH drei Fragen zur Vorabentscheidung vor, darunter die Frage, ob es als unentgeltliche Zuwendung" i.S. von Art. 16 MwStSystRL anzusehen sei, wenn ein Steuerpflichtiger Wärme aus seinem Unternehmen unentgeltlich an einen anderen Steuerpflichtigen für dessen wirtschaftliche Tätigkeit abgibt (siehe unseren Blogbeitrag), die vom EuGH mit dem Urteil vom 5.4.2024, C-207/23 "Finanzamt X" beantwortet wurden (siehe unseren Blogbeitrag).
Entscheidung des BFH
Der BFH hat die Revisionen des Finanzamtes und der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen.
Auch wenn Wärme unentgeltlich an andere Unternehmer für deren Unternehmen (wirtschaftliche Tätigkeit) abgegeben wird, handelt es sich um eine unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands im Sinne des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 UStG.
Der Besteuerung der unentgeltlichen Zuwendung steht nicht entgegen, dass die Leistungsempfänger die Wärme für Zwecke verwenden, die sie zum Vorsteuerabzug berechtigen.
Die Selbstkosten im Sinne des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG umfassen nicht nur die unmittelbaren Herstellungskosten oder Erzeugungskosten, sondern auch mittelbar zurechenbare Kosten wie Finanzierungsaufwendungen, wobei es keine Rolle spielt, ob es sich um vorsteuerbelastete Kosten handelt oder nicht.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 4. September 2024 (XI R 15/24 (XI R 17/20)), veröffentlicht am 7. November 2024.
Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.