Formwechsel als Veräußerung im Sinne der Regelung über den Einbringungsgewinn II
Eine Veräußerung, die zur Entstehung eines Einbringungsgewinns II (§ 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006) führt, liegt auch dann vor, wenn die Kapitalgesellschaft, deren Anteile im Rahmen eines qualifizierten Anteilstausches in eine andere Kapitalgesellschaft eingebracht worden sind, innerhalb von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt in eine Personengesellschaft formgewechselt wird. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Kommanditisten der Klägerin, einer GmbH & Co. KG, sind der Beigeladene zu 1. mit einer Beteiligung von 90 % und die Beigeladene zu 2. (10 %). Die Komplementär-GmbH ist am Vermögen der Klägerin nicht beteiligt. Die Klägerin war im Streitjahr 2010 die Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung mit der XA-GmbH als Betriebsgesellschaft. An der XA-GmbH waren der Beigeladene zu 1. mit 98 % und die Beigeladene zu 2. mit 2 % beteiligt. Im selben Verhältnis waren die beiden Beigeladenen auch Gesellschafter der X-GmbH. Die Anteile an der X-GmbH und der XA-GmbH gehörten zum Sonderbetriebsvermögen der Beigeladenen bei der Klägerin.
Die Beigeladenen beschlossen in einer Gesellschafterversammlung der X-GmbH eine Erhöhung des Stammkapitals dieser Gesellschaft im Verhältnis der bisherigen Beteiligungen. Zur Anrechnung auf die Kapitalerhöhung brachten die Beigeladenen ihre jeweiligen Anteile an der XA-GmbH in die X-GmbH ein und nahmen sogleich die Abtretung vor. Damit wurde die X-GmbH Alleingesellschafterin der XA-GmbH.
In einer nachfolgenden notariellen Urkunde vom selben Tag (UR-Nr. 20/2010) über eine Gesellschafterversammlung der XA-GmbH heißt es demgegenüber, Gesellschafter der XA-GmbH seien die X-GmbH zu 98 % und die XA-Verwaltungs-GmbH zu 2 %. Feststellungen zu der Frage, durch welchen Vorgang zwischenzeitlich ein 2 %-Anteil an der XA-GmbH auf die XA-Verwaltungs-GmbH übertragen worden ist, hat das Finanzgericht nicht getroffen.
In dieser Gesellschafterversammlung beschlossen die Gesellschafter der XA-GmbH deren Formwechsel in die XA-KG zu Buchwerten. Kommanditistin mit einer Beteiligung von 100 % am Kapital sollte die X-GmbH werden. Die XA-Verwaltungs-GmbH ‑‑die nach den Feststellungen des Finanzgerichts zuvor mit 2 % an der XA-GmbH beteiligt war‑‑ wurde Komplementärin ohne Kapitaleinlage.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Einbringung der ursprünglich den Beigeladenen zustehenden Anteile an der XA-GmbH in die X-GmbH gegen Gewährung neuer Anteile als qualifizierter Anteilstausch anzusehen ist und diese Anteile bei der X-GmbH ‑entsprechend einem von der X-GmbH gestellten Antrag‑ nach § 21 Abs. 1 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) 2006 in der im Streitjahr 2010 geltenden Fassung (UmwStG 2006 a.F.) mit dem Buchwert anzusetzen sind.
Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, der nachfolgende Formwechsel der XA-GmbH in die XA-KG sei als Veräußerung der Anteile an der XA-GmbH durch die X-GmbH im Sinne des § 22 Abs. 2 UmwStG 2006 anzusehen, die zur Entstehung eines Einbringungsgewinns II führe. Dieser sei von den Beigeladenen ‑als den Einbringenden‑ im Rahmen der Gewinnfeststellung der Klägerin zu versteuern.
Die Klage vor dem Finanzgericht Münster hatte keinen Erfolg.
Entscheidung des BFH
Der BFH hat der Revision stattgegeben, die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Eine Veräußerung, die zur Entstehung eines Einbringungsgewinns II (§ 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006) führt, liegt auch dann vor, wenn die Kapitalgesellschaft, deren Anteile im Rahmen eines qualifizierten Anteilstausches in eine andere Kapitalgesellschaft eingebracht worden sind, innerhalb von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt in eine Personengesellschaft formgewechselt wird.
Jedenfalls dann, wenn die eingebrachten Anteile durch den Formwechsel nicht wieder in denjenigen ertragsteuerlichen Status zurückfallen, den sie vor der Einbringung hatten, ist weder eine teleologische Reduktion des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 vorzunehmen noch ist die Besteuerung eines Einbringungsgewinns II unbillig im Sinne des § 163 der Abgabenordnung.
Die EU-Fusionsrichtlinie (RL 2009/133/EG) ist auf einen rein innerstaatlichen Sachverhalt nicht anwendbar, wenn der nationale Gesetzgeber sich dafür entschieden hat, innerstaatliche und grenzüberschreitende Fälle nicht gleich zu behandeln. Dies ist hinsichtlich der deutschen Regelung über den Anteilstausch (§ 21 UmwStG 2006) der Fall.
Das Finanzgericht hatte zwar zu Recht erkannt, dass durch den Formwechsel ein dem Grunde nach steuerpflichtiger Einbringungsgewinn II entstanden ist. Allerdings ist bisher offen, ob auch die Teilanteilsübertragung, die schon vor dem Formwechsel stattgefunden haben muss, den Tatbestand des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 verwirklicht hatte.
Denn nach dem Ergebnis der notariellen Urkunde mit der UR-Nr. 10/2010 ist die übernehmende Gesellschaft (X-GmbH) Alleingesellschafterin der XA-GmbH geworden, deren Anteile mit dieser Urkunde in die X-GmbH eingebracht wurden. Demgegenüber wird in der nachfolgenden, am selben Tage errichteten, aber nicht unmittelbar anschließenden notariellen Urkunde mit der UR-Nr. 20/2010 angegeben, Gesellschafter der XA-GmbH seien zu 98 % die X-GmbH und zu 2 % die XA-Verwaltungs-GmbH. Zwischenzeitlich muss die X-GmbH daher einen 2 %-Anteil an der XA-GmbH auf die XA-Verwaltungs-GmbH übertragen haben. Feststellungen hierzu hat das Finanzgericht nicht getroffen.
Sollte es sich bei dieser Anteilsübertragung um eine "Veräußerung" im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 ‑oder um einen der in § 22 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. Abs. 1 Satz 6 Nr. 1 bis 5 UmwStG 2006 a.F. genannten Vorgänge‑ gehandelt haben, wäre schon dadurch ‑und nicht erst durch den nachfolgenden Formwechsel‑ in Bezug auf den 2 %-Anteil ein Einbringungsgewinn II realisiert worden. Andernfalls wären die festgestellten Einbringungsgewinne II jeweils um 2 % zu kürzen. Hierzu wird das FG noch Feststellungen zu treffen haben.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 27. November 2025 (X R 26/22), veröffentlicht am 3. April 2025.