EuGH: Keine weitere Besteuerung der Dividende bei Anwendung der Mutter-Tochter-Richtlinie

In einem italienischen Fall hat der Europäische Gerichtshof die nationale Regelung für unionsrechtswidrig erklärt, die vorsieht, dass mehr als 5 % der Dividenden, die Finanzintermediäre als Muttergesellschaften von ihren in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften beziehen, besteuert werden. Dies gilt auch dann, wenn diese Besteuerung durch eine Steuer erfolgt, die keine Körperschaftsteuer ist, deren Bemessungsgrundlage aber diese Dividenden oder einen Teil davon umfasst.

Hintergrund

Wie andere Mitgliedstaaten hat auch Italien nicht nur eine direkte Steuer, die von Körperschaften zu zahlen ist und (ganz oder teilweise) an den erwirtschafteten Ertrag anknüpft, sondern auch eine italienische regionale Wertschöpfungsteuer („imposta regionale sulle attivita' produttive“ (IRAP), die bereits bei der Neufassung der Mutter-Tochter-Richtlinie im Jahr 2011 existierte. Diese Steuer bezieht bei Banken deren Dividendeneinkünfte zu 50 % in ihre Bemessungsgrundlage ein. Das hat zur Folge, dass die in der Region ansässige Bank als Muttergesellschaft zwar keine weitere Körperschaftsteuer auf die erhaltenen Dividenden zahlen muss, denn Italien hat die Mutter-Tochter-Richtlinie insoweit umgesetzt. Diese Dividenden werden aber teilweise von der IRAP erfasst, die in Italien von allen gewerblich tätigen Personen erhoben wird. Sofern diese Personen Körperschaften sind, wird die IRAP neben der Körperschaftsteuer erhoben. Damit kommt es zu einer weiteren (mittelbaren) Besteuerung dieser Dividenden.

Entscheidung

Der EuGH stellt in seiner heutigen Entscheidung mit Blick auf die nach der Mutter-Tochter-Richtlinie gewählte Befreiungsmethode fest, dass ein Mitgliedstaat davon absehen muss, die Gewinne zu besteuern, die einer in diesem Mitgliedstaat ansässigen Muttergesellschaft von ihren in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften zufließen. Das Befreiungssystem, so der EuGH wörtlich, ziele auf keine bestimmte (konkrete) Steuer ab. Daher wird nach dem Wortlaut dieser Vorschrift jede Steuer erfasst, deren Bemessungsgrundlage die Dividenden miteinschließt, die einer Muttergesellschaft von ihren in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften zufließen. Eränzend weist der EuGH darauf hin, dass die Richtlinie verhindern soll, dass es in wirtschaftlicher Hinsicht zu einer Doppelbesteuerung dieser Gewinne kommt und das Befreiungssystem daher jede Steuer gleich welcher Art erfasst, deren Bemessungsgrundlage auch nur einen Teil dieser Gewinne im Mitgliedstaat des Sitzes der Muttergesellschaft miteinschließt.

Mehr hierzu finden Sie in der EuGH-Pressemitteilung Nr. 98/25 vom 1. August 2025 (mit Link zum Urteil).

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.

To the top