Kein Zufluss von Darlehenszinsen bei Prolongation vor Fälligkeit

Die Vereinbarung eines beherrschenden Gesellschafters mit seiner Gesellschaft, die Zinsansprüche aus einem der Gesellschaft gewährten Darlehen später fällig zu stellen, führt dann nicht zum Zufluss der Zinsen beim beherrschenden Gesellschafter, wenn sie vor der ursprünglich vereinbarten Fälligkeit der Zinsen zustande gekommen ist. Das gilt nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs unabhängig davon, ob die Prolongation fremdüblich ist.

Hintergrund

Der Kläger war im Streitjahr 2017 Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft spanischen Rechts und zu 80 % an dieser beteiligt. In 2007 gewährte der Kläger der Gesellschaft ein Darlehen. Das Darlehen hatte eine Laufzeit von zehn Jahren und war am 30.12.2017 zurückzuzahlen. Im Jahr 2011 verzichtete der Kläger auf die Darlehensrückzahlungsforderung gegenüber der Gesellschaft und leistete eine Einlage in die Gesellschaft. Der Anspruch des Klägers auf Darlehensrückzahlung galt durch die Umwandlung in Eigenkapital als getilgt (Debt-Equity-Swap). Am 14. November 2017 schlossen der Kläger und die Gesellschaft eine Zusatzvereinbarung, in der die Vertragsparteien das Darlehen um 5 Jahre, bis zum 31.12.2022, verlängerten. Das Finanzamt ging aufgrund dieser Vereinbarung davon aus, dass dem Kläger am 30.12.2017 Zinsen zugeflossen seien. Das Finanzgericht hatte die Einwände des Klägers abgewiesen.

Entscheidung

Der BFH gab der Revision des Klägers statt. Einnahmen aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind zugeflossen, sobald der Steuerpflichtige die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die in Geld oder Geldeswert bestehenden Güter erlangt hat.

Das Innehaben von (fälligen) Ansprüchen oder Rechten führt noch nicht zum Zufluss von Kapitaleinkünften, da diese grundsätzlich erst mit der Erfüllung des Anspruchs eintreten. Im Streitfall fehlt es für die Annahme eines Zuflusses an der Fälligkeit des Zinsanspruchs. Der Anspruch des Klägers gegen die Gesellschaft war im Streitjahr zu keinem Zeitpunkt fällig, da der Kläger und die Gesellschaft noch vor dem Eintritt der Fälligkeit des Zinsanspruchs dessen Fälligkeit einvernehmlich und zivilrechtlich wirksam auf den 31.12.2022 hinausgeschoben haben. Eine solche Vereinbarung löst auch bei einem beherrschenden Gesellschafter keinen Zufluss aus.

Die getroffene Verlängerungsvereinbarung ist auch keine zum Zufluss der Zinsen führende Novation. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen einer zivilrechtlich wirksamen Schuldumwandlung. Ein solcher Vertrag setzt den übereinstimmenden Willen der Parteien voraus, das alte Schuldverhältnis durch ein neues (anderes) zu ersetzen und damit zugleich das alte Schuldverhältnis aufheben zu wollen, sodass die Beteiligten nicht mehr darauf zurückgreifen können. Weder aus der Vereinbarung selbst noch aus den Umständen ihres Zustandekommens ergeben sich für den BFH Anhaltspunkte, dass anstelle der eindeutig vereinbarten Prolongation des Zinsanspruchs vor Eintritt der Fälligkeit eine Schuldumschaffung gewollt gewesen sein könnte.

Ergänzend führt der BFH aus, dass eine solche Prolongationsvereinbarung nicht fremdüblich sein muss, sondern zur Stützung der Gesellschaft getroffen werden und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sein kann. Insoweit liegt in der zinslosen Stundung des Anspruchs mangels eines einlagefähigen Wirtschaftsguts keine verdeckte Einlage, welche beim Gesellschafter den Zufluss auslösen könnte.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 17. September 2025 (VIII R 30/23) - veröffentlicht am 4. Dezember 2025.

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.

To the top