Bundesregierung beschließt „Solarpaket I“ – Neue Impulse für den Ausbau von Solarenergie

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat im Mai 2023 seine wegweisende Photovoltaik- (PV-)Strategie präsentiert.

Nach einem umfassenden Konsultationsprozess mit der Branche wurde am 16. August 2023 der Gesetzesentwurf für das „Solarpaket I“ von der Bundesregierung beschlossen – ein zentraler Schritt zur Erreichung der ambitionierten PV-Ausbauziele von 215 GW installierter Leistung bis 2030.

Nach Aussage von Bundesminister Habeck braucht es mehr Tempo und weniger Bürokratie beim Solarausbau, was mit dem Gesetzesentwurf zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung umgesetzt werden soll. Ziel ist es, das Ausbautempo zu verdreifachen und bis 2026 einen jährlichen Zubau von 22 GW zu erreichen. Das Gesetzespaket enthält demnach zahlreiche Maßnahmen zur Beschleunigung des Zubaus in der Freifläche und auf dem Dach sowie zum Abbau von Hemmnissen und Bürokratiehürden. Es bietet außerdem interessante Möglichkeiten für standortbezogene Versorgungskonzepte durch die sog. gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung.

Die Änderungen betreffen das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2023 (EEG 2023) sowie weitere energiewirtschaftsrechtliche Vorschriften. Insbesondere wurden folgende Neuerungen beschlossen:

Stärkung des Ausbaus von Freiflächenanlagen im Einklang mit Naturschutz und Landwirtschaft: Für die Förderung von PV-Freiflächenanlagen sollen weitere Flächentypen, sog. „benachteiligte Gebiete der Landwirtschaft“, maßvoll genutzt werden. Um ein Gleichgewicht der Nutzungen zu gewährleisten, wird eine klare Obergrenze festgelegt und den Ländern eine „Opt-Out-Option“ eingeräumt. Zudem werden innovative PV-Anlagen, die eine effiziente Doppelnutzung von Flächen ermöglichen (z.B. Agri-PV, Parkplatz-PV, Floating-PV und Moor-PV) oder die besonders naturverträglich sind (sog. „Biodiversitäts-PV“) gestärkt.

Stärkung des Ausbaus von PV-Anlagen auf Dächern: Ein weiterer Fokus liegt auf der Vereinfachung und Beschleunigung des Zubaus von PV-Dachanlagen.

  • Um dies zu erreichen, soll u.a. die Pflicht zur Direktvermarktung ab 100 kW flexibler gestaltet werden. Konkret sollen bestimmte Anlagenbetreiber ihre Überschussmengen unentgeltlich, aber auch ohne Direktvermarktungskosten an den Netzbetreiber weitergeben können (sog. „unentgeltliche Abnahme“). Hierdurch soll vermieden werden, dass PV-Anlagen – trotz vorhandener Dachflächen – aus Wirtschaftlichkeitsgründen kleiner dimensioniert werden.
  • Eine weitere Maßnahme ist die Erhöhung der Schwellenwerte für das Erfordernis von Anlagenzertifikate auf 270 kW Einspeise- oder mehr als 500 kW installierte Leistung. Unterhalb dieser Schwellen sollen einfache Nachweise genügen.
  • Zusätzliche Vereinfachungen werden im Hinblick auf die Anlagenzusammenfassung bei PV-Dachanlagen geschaffen. Vor allem bei gewerblich genutzten Gebäuden könnten die geltenden Regelungen zu unsachgemäßen Ergebnissen führen, weshalb nun einheitlich auf den Netzverknüpfungspunkt abgestellt werden soll.
  • Auch der Zubau kleiner PV-Dachanlagen wird durch neue Regelungen weiter beschleunigt. So wird das derzeit geltende, vereinfachte Netzanschlussverfahren auf Anlagen bis 30 kW (bisher: 10,8 kW) ausgeweitet und es werden die technischen Vorgaben für kleinere Anlagen bis 25 kW in der Direktvermarktung gelockert.
  • Zudem wird die Förderung von PV-Anlagen auf bereits vorhandenen, jedoch bislang nicht für PV genutzten Gebäuden im Außenbereich erweitert und die Vorgaben für umfangreiche Erneuerungen von bestehenden Aufdachanlagen werden deutlich verbessert (sog. „Repowering“). Hierdurch soll u.a. der Einsatz effizienter Module unabhängig vom Vorliegen eines Schadens an einzelnen Modulen gefördert werden.

Stärkung der Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern am Ausbau von PV: Weitere Schwerpunkte des Gesetzentwurfs liegen auf der Entbürokratisierung von Balkonsolar, der Vereinfachung von Mieterstrom und dessen Öffnung für Gewerbegebäude sowie der Einführung der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung.

  • Zukünftig wird der Mieterstrom auch auf gewerblichen Gebäuden und Nebenanlagen gefördert. Voraussetzung ist, dass der Stromverbrauch ohne Durchleitung durch das Netz erfolgt. Gleichzeitig werden Bürokratiehürden hinsichtlich der Prüfung des Förderanspruch durch den Verteilnetzbetreiber abgebaut und die technischen Anforderungen an Mieterstromanlagen durch die Neuregelung zur Zusammenfassung von PV-Anlagen vereinfacht.
  • Bedeutsam ist zudem die geplante Einführung der sog. gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung, welche die gemeinsame Eigenversorgung mit Strom aus PV-Anlagen auch für Gewerbetreibende eröffnet. Ziel dieses neuen Modells ist es, eine unbürokratische Lieferung von PV-Strom innerhalb eines Gebäudes, z.B. an Mieter oder verbundene Unternehmen zu ermöglichen. Erleichterungen erfahren die Anlagenbetreiber insbesondere durch den Entfall der Pflicht zur Reststromlieferung und der Lieferantenpflichten nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Im Einzelnen entfallen für den Anlagenbetreiber das Vertragsmanagement mit einem Energieversorgungsunternehmen und die Rechnungslegung sowie die Informationspflichten nach den §§ 40, 40b EnWG. Kerngegenstand ist, dass ein fester oder dynamischer Anteil der Erzeugungskapazität der PV-Anlage an die versorgten Letztverbraucher veräußert wird. Im Gegensatz zu dem weiterhin eigenständig geltenden Mieterstrommodell sind wegen der vorstehenden Befreiungen keine zusätzlichen Förderungen vorgesehen.

Eine EEG-Vergütung der in das Netz der allgemeinen Versorgung eingespeisten Überschussmengen ist darüber hinaus möglich.

Die mit dem Gesetzesentwurf beschlossenen Neuerungen stellen eine sinnvolle Entwicklung in Richtung Klimaneutralität dar. Gleichzeitig wirft der Gesetzesentwurf jedoch einige energiewirtschaftliche Fragen auf und es bleibt abzuwarten, inwieweit die energierechtlichen Neuerungen zu weiteren Komplexitätssteigerungen für verschiedene Akteure führen.

Für Netzbetreiber beinhaltet das Solarpaket I einige wesentliche Neuerungen, deren energiewirtschaftliche Umsetzung bereits Fragen aufwirft (z.B. zur Marktkommunikation im Rahmen der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung). Für Stadtwerke können sich aus den gesetzlichen Anpassungen jedoch Vertriebschancen ergeben. Gerne stehen wir Ihnen bei Fragen zum Solarpaket I zur Verfügung.

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