Keine Buchwertfortführung bei Abspaltung und späterer Anteilsveräußerung?
Nach Ansicht des Finanzgerichts Hamburg kommt eine Buchwertfortführung in Spaltungsfällen dann nicht in Betracht, wenn durch die Spaltung die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen werden. Der gerichtliche Streit betrifft die Auslegung des § 15 Abs. 2 Umwandlungssteuergesetz.
Gesetzeswortlaut ist auslegungsbedürftig
Nach § 15 Abs. 2 Satz 3 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) ist die Steuerneutralität einer Auf- oder Abspaltung rückwirkend zu versagen, wenn durch die Spaltung die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen werden. Davon ist nach § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG auszugehen, wenn innerhalb von 5 Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag Anteile an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft veräußert werden, die mehr als 20% der vor Wirksamwerden der Spaltung an der übertragenden Körperschaft bestehenden Anteile ausmachen. Der Gesetzeswortlaut ist jedoch nicht eindeutig und auslegungsbedürftig, wie der Streitfall zeigt.
Sachverhalt und Ausgangslage
Die A-GmbH spaltete ihre 100%-ige Beteiligung an der E-GmbH auf die in 2008 neu gegründete Schwesterkapitalgesellschaft, die L Deutschland GmbH, mit steuerlicher Rückwirkung zum 31. Dezember 2007 ab. Mit dinglicher Wirkung zum 30. Juni 2008 wurden die Anteile an der L Deutschland GmbH (und mittelbar die Anteile der E-GmbH) an eine konzernfremde GmbH & Co. KG veräußert, die im November 2007 ein verbindliches Angebot für den Erwerb der E-GmbH abgegeben hatte. Bereits seit August 2007 fanden Verhandlungen mit potenziellen Erwerbern statt. In Anwendung des § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG versagte das Finanzamt die Buchwertfortführung, da durch die Abspaltung des Teilbetriebs „Beteiligung an der E-GmbH“ gegen Gewährung von Anteilen die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen worden sind. Das Finanzgericht bestätigt das Finanzamt und wies die Klage ab.
Die zu entscheidende Rechtsfrage konzentriert sich allein auf die Frage, ob und inwieweit Satz 3 der Vorschrift im Zusammenhang mit Satz 4 zu sehen ist oder ob Satz 3 einen eigenständigen Anwendungsbereich hat. Das Finanzgericht Hamburg bejaht letzteres.
Buchwertfortführung scheitert an der sog. „Nachspaltungsveräußerungssperre“ des § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG
Wenn durch die Spaltung nachweislich die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen werden, ist eine Spaltung zu Buchwerten auch dann nicht möglich, wenn die schädliche Veräußerung tatsächlich erst nach Ablauf der Fünfjahresfrist erfolgt oder die 20%-Grenze nicht überschritten wird. § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG betrifft nach Ansicht der Richter insbesondere solche Fallkonstellationen, in denen bereits im Zeitpunkt der Spaltung durch vertragliche Vereinbarung zwischen den späteren Vertragsparteien sichergestellt worden ist, dass die geplante Veräußerung abgewickelt werden soll. Ein solcher Fall liege hier vor. Ob durch die Abspaltung die Voraussetzungen für eine Veräußerung tatsächlich geschaffen worden sind, muss anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden, wobei dies anhand objektiver Umstände im Wege des Rückschlusses zu erfolgen habe. Das Gericht stellt diesbezüglich auf die Kaufpreisverhandlungen im August 2007 ab, die schließlich in das verbindliche Kaufpreisangebot im November 2007 der GmbH & Co. KG mündete. In dem Ende 2007 vereinbarten Kaufvertrag war zudem die Zielstruktur sowie die diesbezüglichen Zwischenschritte bereits vertraglich angelegt gewesen, sodass die Abspaltung der Beteiligung an der E-GmbH lediglich zur Vorbereitung der Veräußerung an eine außenstehende Person gedient habe.
Zweck der Regelung von § 15 Abs. 2 UmwStG insgesamt sei die Verhinderung einer missbräuchlichen Nutzung der Buchwertfortführung. Die Buchwertfortführung soll in Fällen ausgeschlossen werden, in denen die Steuerpflicht der Veräußerung eines Teilbetriebes, eines Mitunternehmeranteils oder einer 100%igen Beteiligung dadurch umgangen wird, dass die Anteile der verbleibenden oder der aufnehmenden Körperschaft nach Abspaltung veräußert werden. Mit der Regelung in § 15 Abs. 3 Satz 4 UmwStG wollte der Gesetzgeber eine Abgrenzung vornehmen, die an einfach zu ermittelnde und objektive Umstände anknüpft, ohne dass im Einzelfall nachgeprüft werden muss, ob die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Satz 3 UmwStG tatsächlich vorliegen.
Fundstelle
Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 18. September 2018 (6 K 77/16); die Revision ist beim BFH unter dem Az. I R 39/18 anhängig.