Abgrenzung zwischen bloßer Betriebsunterbrechung und Zwangsbetriebsaufgabe

Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs liegt eine Betriebsunterbrechung und keine Zwangsbetriebsaufgabe vor, solange die Fortsetzung der gewerblichen Tätigkeit objektiv möglich ist. Weitere Voraussetzung: Der Steuerpflichtige darf keine Aufgabeerklärung abgeben und die wesentlichen Betriebsgrundlagen werden zurückbehalten und nicht wesentlich umgestaltet.

Sachverhalt: Der Kläger gründete in 2003 ein Einzelunternehmen, dessen Gegenstand zunächst das Bauträgergeschäft war. Er ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Ebenfalls in 2003 gründete er als Alleingesellschafter eine GmbH, die ein Bauunternehmen (Erstellung von Rohbauten) betrieb. Seit September 2005 verpachtete der Kläger das gesamte Anlagevermögen des Einzelunternehmens an die GmbH. Die hierdurch begründete Betriebsaufspaltung führte zu einer Steuerverstrickung der GmbH-Anteile. Diese Anteile wies er erstmals im Jahresabschluss des Einzelunternehmens zum 31. Dezember 2007 mit ihrem Nennbetrag als Betriebsvermögen aus. Zum 31. Dezember 2008 veräußerte der Kläger das gesamte Sachanlagevermögen seines Einzelunternehmens an die GmbH. Über diesen Vorgang existiert nur eine Rechnung des Klägers, aber kein schriftlicher Vertrag. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Betriebsaufspaltung sei mit dem Verkauf des gesamten Sachanlagevermögens beendet worden. Darin liege eine Betriebsaufgabe des Einzelunternehmens. Im Rahmen dieser Betriebsaufgabe seien die GmbH-Anteile ins Privatvermögen zu überführen. Hieraus ergab sich ein (hier allerdings nicht streitiger) Aufgabegewinn.

Das Finanzgericht hatte zuvor die Klage abgewiesen indem es schlussfolgerte, das Einzelunternehmen habe nicht aus zwei Teilbetrieben, sondern nur aus zwei unselbständigen Tätigkeitsfeldern bestanden. Der Kläger habe den Betrieb als Einheit geführt. Der BFH hob das vorinstanzliche Urteil auf und wies die Sache an das Finanzgericht zurück. Dieses habe keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger seine Bauträgertätigkeit für einen längeren Zeitraum tatsächlich eingestellt hat. Ob eine Betriebsaufspaltung bestanden hat und die sachliche Verflechtung beendet worden ist, sei für die Entscheidung des Streitfalls ohne Bedeutung. Darüber hinaus ist das Finanzgericht zu den Anforderungen an die Möglichkeit der Wiederaufnahme eines unterbrochenen Betriebs bei Vorhandensein zweier gewerblicher Betätigungen sowie zur Frage der Existenz von Teilbetrieben von fehlerhaften Maßstäben ausgegangen.

Einstellung für einen längeren Zeitraum: Nach Meinung des Finanzgerichts war durch die Veräußerung des Anlagevermögens das Tätigkeitsfeld „Verpachtung“ entfallen, der Betriebsteil „Bauträgertätigkeit“ sei eingestellt worden. - Hier kommt es aber darauf an, so der BFH, ob eine Wiederaufnahme der Tätigkeit objektiv möglich ist, wobei aber kein "Wahlrecht" zur Beibehaltung "ewigen Betriebsvermögens" bestehe. Im Streitfall ist daher entscheidend, ob der Kläger - wie vom Finanzamt behauptet - diese Tätigkeit tatsächlich über einen längeren Zeitraum eingestellt hat.

Wiederaufnahme des unterbrochenen Betriebs: Der Annahme des Finanzgerichts, eine künftige Wiederaufnahme der gewerblichen Tätigkeit setze die volle Identität zwischen der künftigen Tätigkeit und beiden vom Kläger bis Ende 2008 ausgeübten gewerblichen Betätigungen (Bauträgergeschäft und Verpachtung des Sachanlagevermögens) voraus, konnte sich der BFH nicht anschließen. Hier komme es nicht darauf an, dass beide Betätigungen nach der Unterbrechung wieder aufgenommen werden; vielmehr reiche die Aufnahme einer der beiden Betätigungen aus. Die Annahme einer Betriebsunterbrechung setzt voraus, dass die Einstellung der bisherigen Tätigkeit zeitlich begrenzt ist. Hinsichtlich der maximalen Länge des Unterbrechungszeitraums kann keine feste zeitliche Grenze festgelegt werden; abzustellen ist auf die Umstände des Einzelfalls. Dies hatten die obersten Steuerrichter bereits in einem früheren Urteil vom 9. November 2018 (IV R 37/14) festgestellt.

Existenz von Teilbetrieben: Das Finanzgericht hatte auf die Einheitlichkeit der Büroräume, der Buchführung, des Personals und der Verwaltung abgestellt, d.h. die Frage der getrennten bzw. einheitlichen betrieblichen Organisation in den Vordergrund gerückt. Anders der BFH: Bei der Beurteilung, ob zwei Betätigungen als Teilbetriebe anzusehen sind, tritt die Bedeutung des Merkmals des organisatorischen Zusammenhangs zwischen den Betätigungen im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung deutlich hinter die der anderen Merkmale zurück, wenn der Organisationsbedarf für eine der Betätigungen im konkreten Fall eher gering ist.

Fundstelle

BFH-Urteil vom 18. Juli 2018 (X R 36/17), als NV-Entscheidung veröffentlicht am 23. Januar 2019

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.

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