Vorsteuerabzug bei der Verwaltung von Drittland-Investmentvermögen
Die unter der Ägide des für 2009 geltenden Umsatzsteuergesetzes geregelte Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Investmentvermögen nach dem Investmentgesetz bezieht sich nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs nur auf die Verwaltung inländischer Investmentvermögen, nicht aber auch auf ausländische Investmentvermögen, die dem Investmentgesetz nur in Bezug auf den Anteilsvertrieb unterlagen.
Ausgangslage
Die Klägerin ist in den USA ansässig. Ihre Kunden waren US-amerikanische Investmentfonds, bei denen es sich um rechtsfähige Investmentvermögen handelt. Die Klägerin schloss mit ihren Kunden zwei Verträge ab. Einen Administrationsvertrag, nach dem die Klägerin Verwaltungsleistungen wie etwa bei der Fondsbuchhaltung zu erbringen hatte. Diese Tätigkeiten übte die Klägerin über Betriebe in den USA aus. Zum anderen gab es einen Anlageverwaltungsvertrag. Die Kunden beauftragten die Klägerin mit der Anlageverwaltung nach Maßgabe der jeweiligen Anlageziele, Anlagerichtlinien und Anlagebeschränkungen. Die Klägerin erbrachte diese Leistungen über ihre im Inland gelegene Zweigniederlassung. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Klägerin über ihre inländische Zweigniederlassung an ihre in den USA ansässigen Kunden Leistungen am Empfängerort in den USA und damit im Inland nichtsteuerbar erbracht habe. Diese Leistungen seien aber bei einer Erbringung an inländische Kunden steuerfrei, so dass die Klägerin nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Die Klägerin hatte u. a. argumentiert, § 2 Abs. 8 Investmentgesetz (InvG) definiere zwar ausländische Investmentvermögen als solche, die dem Recht eines anderen Staates unterstellt seien. Diese Definition erfolge jedoch nur für bestimmte aufsichtsrechtliche Zwecke, bewirke aber nicht, dass auch Drittland-Investmentvermögen Investmentvermögen im Sinne des damals geltenden § 4 Nr. 8 Buchst. h Umsatzsteuergesetz (UStG) sei. Dem hielt das Finanzgericht folgendes entgegen: Anlässlich der Zusammenführung von KAAG und AuslInvestmG im InvG wurden durch das InvG sowohl inländische als auch ausländische Investmentvermögen erfasst und definiert. Das Finanzgericht hatte folglich die Klage mit Urteil vom 7. April 2017 (8 K 1890/14) abgewiesen.
BFH gibt Revision statt und hält Vorsteuerabzug für zulässig
Im Hinblick auf die Unionsrechtswidrigkeit des nationalen Rechts zur Leistungsortbestimmung kann die Klägerin sich auf das Unionsrecht berufen, nach dem sich der Leistungsort in das Drittlandsgebiet verlagert. Unter Beachtung der den Mitgliedsstaaten eingeräumten Regelungsbefugnis auf "in ihrem Hoheitsgebiet angesiedelte Fonds", handelte es sich bei der Verweisung in § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG auf die Investmentvermögen nach dem InvG nur um eine Verweisung auf die Verwaltung inländischer Investmentvermögen, nicht aber auch um eine Verweisung auf ausländische Investmentvermögen, die dem InvG nur in Bezug auf den Anteilsvertrieb unterlagen. Hierfür spreche auch das gesonderte Kriterium einer staatlichen Aufsicht (Hinweis auf das EuGH-Urteil Fiscale Eenheid X vom 9. Dezember 2015, C-595/13).
Der BFH ist der Auffassung, dass § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG in seiner damals geltenden Fassung, nach der sich die Steuerfreiheit auf die Verwaltung von Sondervermögen nach dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften bezog, nicht Leistungen an Empfänger im Drittlandsgebiet erfasste und somit nicht zu einem Vorsteuerausschluss nach dem damals geltenden § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG führte. Daher komme es entgegen der Auffassung des Finanzamts auch nicht darauf an, ob nach der von den Sondervermögen gewählten operativen Form zu unterscheiden sein könnte oder nicht.
Fazit der obersten Steuerrichter: Die Klägerin ist nicht nur zum Vorsteuerabzug berechtigt, sondern hat zudem keine im Inland steuerbaren Leistungen erbracht. Zwar liegen nach nationalem Recht im Inland steuerpflichtige Leistungen vor, da die Klägerin ihre Leistungen am Ort ihrer Inlandsbetriebsstätte zu versteuern hat. Diese Regelung war aber im Streitjahr unionsrechtswidrig (BFH-Urteil vom 11. Oktober 2012 – V R 9/10). Wurde z.B. die Vermögensverwaltung mit Wertpapieren an im Drittlandsgebiet ansässige Privatanleger erbracht, ist diese nach Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL am Empfängerort zu besteuern, da sich der Steuerpflichtige auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts gegenüber der insofern richtlinienwidrigen Regelung in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG berufen kann.
Fundstelle
BFH-Urteil vom 22. November 2018 (V R 21/17), veröffentlicht am 30. Januar 2019