Vorsteuerabzug: Voraussetzungen der vollständigen Anschrift in der Rechnung

Für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug ist erforderlich, dass der Leistungsempfänger eine Rechnung besitzt, in der eine Anschrift des Leistenden genannt ist, unter der dieser postalisch erreichbar ist. Dafür kommt es nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs auf den Zeitpunkt der Rechnungsausstellung an. Die Feststellungslast trifft im Zweifel den Leistungsempfänger.

Der BFH hatte in einem Folgeurteil erneut Gelegenheit, zu den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom November 2017 in den Rs. Geissel und Butin zu den Rechnungsvoraussetzungen für einen Vorsteuerabzug Stellung zu nehmen. Bereits in den Urteilen V R 25/15, XI R 20/14 und V R 28/16 hatten die obersten Steuerrichter die Linie des EuGH bestätigt.

Im dem aktuellen Fall geht es um Rechnungen zweier Unternehmen wegen falscher Rechnungsangaben bzw. fehlender Unternehmereigenschaft. Der Kläger machte geltend, dass die betreffenden Unternehmen unter der in den streitigen Rechnungen genannten Adresse zumindest zeitweise postalisch erreichbar gewesen seien und berief sich insofern auf die erwähnten EuGH-Urteile Geissel und Butin. Das Finanzgericht hatte die Klage (insofern allerdings vor Ergehen der EuGH-Urteile) im März 2014 abgewiesen und war - aus damaliger Sicht konsequenterweise - nicht näher auf die Frage einer postalischen Erreichbarkeit eingegangen. Dies muss das Gericht nun nachholen, der BFH hat die Sache nach dorthin zurückverwiesen. Gleichzeitig nimmt der BFH die Gelegenheit wahr, auf die aus seiner Sicht relevanten Kriterien für eine postalische Erreichbarkeit näher einzugehen.

Maßgeblich hierfür ist der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung. Der EuGH habe in verschiedenen Entscheidungen dargelegt, dass die ordnungsgemäße Rechnungsangabe es den Steuerverwaltungen ermöglichen müsse, die Entrichtung der geschuldeten Steuer und gegebenenfalls das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts zu kontrollieren. So solle ermöglicht werden, eine Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und einem konkreten Wirtschaftsteilnehmer, dem Rechnungsaussteller, herzustellen. Diese Kontrollmöglichkeit, so der BFH, bestehe für das Finanzamt erst mit der Erstellung der Rechnung sowie deren Kenntnisnahme und nicht im Zeitpunkt der Leistungserbringung. Lässt sich eine Erreichbarkeit zu diesem Zeitpunkt nicht ermitteln, trifft die Feststellungslast den Leistungsempfänger. Der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug geltend macht, hat die Darlegungs- und Feststellungslast für alle Tatsachen, die den Vorsteuerabzug begründen.

Fundstelle

BFH-Urteil vom 5. Dezember 2018 (XI R 22/14), veröffentlicht am 6. Februar 2018

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