Gestaltungsmissbrauch und Mantelkauf bei Forderungsverzicht mit Besserungsschein
Der Bundesfinanzhof hat in Bezug auf die Besteuerung auf Ebene des Gesellschafters entschieden, dass die Abtretung von Gesellschafterforderungen im Zusammenhang mit einem sogenannten Mantelkauf nicht stets als Gestaltungsmissbrauch anzusehen ist. In dem entschiedenen Fall wurden in engem zeitlichem Zusammenhang durch den Ehemann Anteile an einer Mantel-GmbH und durch dessen Ehefrau Forderungen zu einem Preis unterhalb des Nennwertes gegenüber dieser GmbH erworben.
Sachverhalt: Der Kläger hatte in 2002 von X für 1 € die Hälfte der Anteile an einer GmbH erworben, die wirtschaftlich inaktiv war und aufgrund von Darlehensverbindlichkeiten mit einem Bilanzverlust behaftet war. Darlehensgeber waren der X und sein Vater V. Beide hatten den Rangrücktritt erklärt, um eine Insolvenz zu vermeiden. Nach Übertragung der hälftigen Anteile auf den Kläger erwarb die Ehefrau E des Klägers von X und V die gegen die GmbH bestehenden Darlehensforderungen jeweils erheblich unter dem Bilanzwert. Anschließend veräußerte der Kläger sein bis dahin geführtes Einzelunternehmen an die GmbH, woraufhin die GmbH erhebliche Gewinne erwirtschaftete. Aufgrund der bestehenden Verlustvorträge mussten keine Steuern gezahlt werden. Die Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der E wurden kontinuierlich ab 2003 bedient. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Tilgung der Darlehen stelle eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) dar. Das Finanzgericht hatte der Klage zunächst stattgegeben.
Reine Darlehensrückzahlung noch keine vGA - Darlehensrückzahlung vor Besserungsfall indes schon
Zwar habe das Finanzgericht, so der BFH, zu Recht entschieden, dass der im Zusammenhang mit dem Anteilserwerb erfolgte Forderungserwerb durch die Klägerin nicht als Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 Abgabenordnung anzusehen ist und dem Kläger hieraus keine Einkünfte aus Kapitalvermögen in Form einer vGA zuzurechnen sind. Allerdings könne eine Darlehensrückzahlung vor Eintritt des Besserungsfalls in Bezug auf die erworbenen Forderungen, für die ein Rangrücktritt erklärt worden war, zu einer vGA führen. Zur Aufklärung dieser Tatsachen hat der BFH die Sache nun an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Aufgrund der Höhe des Bilanzverlustes der GmbH zum 31. Dezember 2002 sowie der zeitlichen Nähe zwischen dem (erneut) durch die Klägerin erklärten Rangrücktritt vom 11. April 2003 und der noch im gleichen Jahr erfolgten Aufnahme der Darlehensrückzahlungen besteht für den BFH trotz der Einbringung des erfolgreichen Einzelunternehmens des Klägers in die GmbH Anlass, die Frage des Eintritts des Besserungsfalls im Zeitpunkt der Darlehensrückzahlungen zu prüfen.
Fundstelle
BFH-Urteil vom 11. Dezember 2018 (VIII R 21/15), als NV-Entscheidung veröffentlicht am 17. April 2019