Update: Erstattung von Kapitalertragsteuer bei Dividenden aus Streubesitzbeteiligungen

Beim Finanzgericht Köln ist die Klage einer schwedischen Kapitalgesellschaft gegen das Bundeszentralamt für Steuern bezüglich der Nachweisanforderungen beim Antrag auf Erstattung von Kapitalertragsteuer gemäß § 32 Abs. 5 Körperschaftsteuergesetz anhängig. In einem Musterverfahren liegt die Problematik mittlerweile dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vor.

Ausgangslage

Beim Finanzgericht Köln ist unter dem Az. 2 K 2876/16 die Klage einer schwedischen Kapitalgesellschaft gegen das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) bzgl. der Nachweisanforderungen beim Antrag auf Erstattung von Kapitalertragsteuer gemäß § 32 Abs. 5 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20. Oktober 2011 in der Rechtssache C-284/09 zu Dividendenzahlungen an bestimmte gebietsfremde EU-/EWR-Körperschaften (EuGHDivUmsG) anhängig. Durch dieses Gesetz sollen Unterschiede bei der Kapitalertragsteuer zwischen in- und ausländischen Investoren im Bereich der sogenannten Streubesitzdividende beseitigt werden. In dem Musterverfahren 2 K 283/16 liegt die Problematik aktuell dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vor.

Sachverhalt

Die Klägerin im Verfahren 2 K 2876/16 erhielt im November 2011 eine Dividendenausschüttung von ihrer deutschen Tochtergesellschaft, an der sie zu 6% beteiligt war. Die übrigen 94% gehörten der ebenfalls in Schweden ansässigen 100%-igen Muttergesellschaft der Klägerin. Die Aktien der Muttergesellschaft sind an der Stockholmer Börse notiert. Das BZSt hat eine Reduktion der auf die Dividende erhobenen Kapitalertragsteuer auf 15% des Bruttobetrags gemäß Art. 10 Abs. 2 DBA-Schweden gewährt. Für eine weiter gehende Erstattung gemäß dem DBA fehlt es an der erforderlichen 10%-igen Mindestbeteiligung der Klägerin an der deutschen Tochtergesellschaft (Art. 10 Abs. 3 Buchstabe b DBA-Schweden).

Die Erstattung der restlichen Kapitalertragsteuer nach § 32 Abs. 5 KStG wurde durch das BZSt mit der Begründung abgelehnt, dass die Klägerin als Gläubigerin der Kapitalerträge für die an ihr unmittelbar oder mittelbar beteiligten Anteilseigner nicht die Nachweise nach § 32 Abs. 5 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. Satz 3 und 5 KStG erbracht habe. Für die Anteilseigner der Muttergesellschaft ist ihr dies jedoch nicht möglich, da an der börsennotierten Mutter naturgemäß tausende Anleger beteiligt sind. Die Klägerin macht mit ihrer Klage einen Verstoß der Nachweisanforderungen in § 32 Abs. 5 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. Satz 3 und 5 KStG gegen den rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot und den unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz geltend mit dem Ziel, dass § 32 Abs. 5 KStG verfassungs- und unionsrechtskonform dahingehend ausgelegt wird, dass bei einem börsennotierten Anteilseigner die genannten Nachweisanforderungen nicht gelten.

Zu dieser Problematik ist bereits ein Musterverfahren (Rechtssache 2 K 283/16) beim Finanzgericht Köln anhängig. Mündlich verhandelt wurde am am 20. Mai 2020. Das Finanzgericht hat das Verfahren 2 K 283/16 ausgesetzt und dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Es sieht in dem zuvor geschilderten Nachweiserfordernis einen Verstoß gegen Grundfreiheiten. Die mündliche Verhandlung war am 20. Mai 2020, mit der Veröffentlichung des betreffenden Vorlagebeschlusses ist in den nächsten Monaten zu rechnen.

Update (18. November 2020)

Zum erwähnten Musterverfahren 2 K 283/16 siehe die Pressemitteilung des Finanzgerichts Köln vom 17. November 2020. Das Aktenzeichen des Vorlageverfahrens beim EuGH lautet: C-572/20.

Update (26.10. 2020)

Die Vorlagefragen in dem Musterverfahren 2 K 283/16 lauten:

"1. Steht Art. 63 AEUV (ex-Art. 56 EGV) einer nationalen Steuervorschrift wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegen, die von einer im Ausland ansässigen Gesellschaft, die Dividenden aus Beteiligungen bezieht und nicht die Mindestbeteiligung gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 90/435 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedsstaaten (in der durch die Richtlinie 2003/123 geänderten Fassung) erreicht, um Zwecke der Erstattung der Kapitalertragsteuer den Nachweis durch Bescheinigung der ausländischen Steuerverwaltung verlangt, dass die Kapitalertragsteuer nicht bei ihr oder einem unmittelbar oder mittelbar an ihr beteiligten Anteilseigner angerechnet oder als Betriebsausgabe oder als Werbungskosten abgezogen werden kann und inwieweit eine Anrechnung, ein Abzug oder Vortrag auch tatsächlich nicht erfolgt ist, wenn von einer im Inland ansässigen Gesellschaft bei gleicher Beteiligungshöhe zum Zwecke der Erstattung der Kapitalertragsteuer ein solcher Nachweis nicht gefordert wird?

2. Für den Fall, dass Frage zu 1. verneint werden sollte, stehen der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Prinzip des effet utile dem Erfordernis der in der Frage zu 1. genannten Bescheinigung entgegen, wenn es dem im Ausland ansässigen Bezieher von Dividenden aus sog. Streubesitzanteilen faktisch unmöglich ist, diese Bescheinigung beizubringen?"

Fundstelle

Finanzgericht Köln online, Übersicht bedeutsamer Verfahren

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