EuGH zur Umsatzsteuer bei grenzüberschreitender Überlassung von Firmenfahrzeugen an Arbeitnehmer

Aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchen des Saarländischen Finanzgerichts zum Leistungsort bei der unentgeltlichen privaten Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber hat der EuGH entschieden, dass es sich dabei per se nicht um eine entgeltliche Dienstleistung handelt, worauf sich die Beantwortung der eigentlichen Vorlagefrage zur Anwendbarkeit des Leistungsorts bei der Vermietung eines Beförderungsmittels an Nichtsteuerpflichtige erübrige. Letzteres wäre allerdings dann weiter zu prüfen, wenn der Arbeitnehmer die jährlichen Kfz-Kosten trägt.

Sachverhalt

Der Streit im Ausgangsverfahren betrifft die Überlassung (d.h. einer ununterbrochener Dauer von mehr als 30 Tagen) eines Firmenfahrzeugs eines in Luxemburg ansässigen Unternehmers (QM) an in Deutschland wohnendes Personal. Zum einen erfolgt die Überlassung des Fahrzeugs unentgeltlich (worauf sich die Vorlagefrage des Finanzgerichts bezieht), während in dem anderen Fall die Kosten in Höhe von 5.700 Euro jährlich durch den Arbeitnehmer getragen und ihm vom Lohn abgezogen werden. QM übt ausschließlich eine von der Mehrwertsteuer befreite Tätigkeit aus und ist folglich nicht zum Vorsteuerabzug beim Erwerb von Gegenständen und Dienstleistungen zu Zwecken dieser Tätigkeit berechtigt. Das Finanzgericht des Saarlands hat das Verfahren ausgesetzt und mit Vorlagebeschluss vom 18. März 2019 (Az.: 1 K 1208/16) dem EuGH die Frage vorgelegt, ob Art. 56 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112/EG dahingehend auszulegen ist, dass mit der "Vermietung eines Beförderungsmittels an Nichtsteuerpflichtige" auch die Überlassung eines dem Unternehmen eines Steuerpflichtigen zugeordneten Fahrzeugs an sein Personal zu verstehen ist, wenn dieses dafür außer seiner Arbeitsleistung kein Entgelt erbringt. (bejahendenfalls wäre der Leistungsort dort, wo der Dienstleistungsempfänger ansässig ist oder seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat – mithin: Deutschland).

Schlussanträge vom 17. September 2020

Der Generalanwalt hatte in seinen Schlussanträgen vom 17. September 2020 dem EuGH vorgeschlagen u. a. zu entscheiden, dass die Überlassung eines seinem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs durch einen Steuerpflichtigen für den privaten Bedarf eines Arbeitnehmers keine Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt darstellt, wenn dieser Arbeitnehmer dafür weder ein Entgelt bezahlt noch auf einen Teil seiner Vergütung oder andere Vorteile verzichtet. Es sei denn, der Steuerpflichtige selbst habe vom Recht auf Vorsteuerabzug beim Erwerb dieses Gegenstands Gebrauch gemacht. Dies treffe jedoch auf QM nicht zu.

Aktuelle Entscheidung des EuGH

Der EuGH folgt im Ergebnis den Empfehlungen des Generalanwalts und entschied, dass die unentgeltliche Überlassung eines dem Unternehmen des Steuerpflichtigen zugeordneten Fahrzeugs an dessen Arbeitnehmer nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt, wenn dieser Umsatz keine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne ihres Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/12 darstellt.

Art. 56 Abs. 2 Unterabs. 1 dieser Richtlinie („Leistungsort bei Vermietung eines Beförderungsmittels an Nichtsteuerpflichtige (…) ist am Ort des Dienstleistungsempfängers“) findet dagegen nur dann Anwendung, wenn es sich um eine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne ihres Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie handelt und der Arbeitnehmer gegen Zahlung eines Mietzinses für eine vereinbarte Dauer von mehr als 30 Tagen dauerhaft über das Recht verfügt, das Fahrzeug zu privaten Zwecken zu benutzen und andere davon auszuschließen.

Unentgeltliche Kfz-Überlassung: Im Hinblick darauf, dass der Mitarbeiter weder eine Zahlung leistet noch einen Teil seiner Barvergütung verwendet und der Anspruch auf Nutzung des Firmenfahrzeugs auch nicht mit dem Verzicht auf andere Vorteile verbunden ist, kann diese Leistung - vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Sachverhaltsprüfungen - nicht als eine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 eingestuft werden. Ferner könne, wie der Generalanwalt (siehe oben) ausgeführt hat, dieser Umsatz nur dann mit einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt werden, wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Dies war jedoch vermeintlich hier nicht der Fall. Ein der „Dienstleistung gegen Entgelt“ nach Art. 26 (1) a der Richtlinie gleichgestellter Umsatz könne im Übrigen keine „Vermietung eines Beförderungsmittels“ im Sinne des Art 56 (2) der Richtlinie darstellen.

Entgeltliche Kfz-Überlassung: In einem solchen Fall könne es sich um eine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 handeln, die somit möglicherweise unter die Leistungsortbestimmung in Art. 56 Abs. 2 Unterabs. 1 dieser Richtlinie fällt. Es sei aber Sache des vorlegenden Gerichts zu prüfen, ob zwischen den Parteien eine „wirkliche Vereinbarung“ über die Dauer des Nutzungsrechts sowie über das Recht, den Gegenstand zu benutzen und andere von ihm auszuschließen, vorhanden ist.

Fundstelle

EuGH, Urteil vom 20. Januar 2021 (C‑288/19), Finanzamt Saarbrücken

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