Update: EU-Gericht gibt Klagen gegen EU-Kommissionsbeschluss wegen verbotener staatlicher Beihilfe statt

Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat den Klagen der Republik Irland sowie der Gesellschaften Apple Sales International und Apple Operations Europe gegen den Beschluss der Europäischen Kommission stattgegeben und den Beschluss für nichtig erklärt. Der Kommission sei es nicht gelungen, rechtlich hinreichend nachzuweisen, dass eine unzulässige staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV vorliege.

Durch den fraglichen Beschluss vom 30. August 2016 hatte die Kommission entschieden, dass zwei Steuervorbescheide, die Irland den Gesellschaften in den Jahren 1991 und 2007 gewährt hatte, verbotene Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) seien und dass Irland von den Gesellschaften Körperschaftsteuer in Höhe von ca. 13 Milliarden EUR nachfordern müsse.

Nach Auffassung des Gerichts hat die Kommission in ihrem Beschluss nicht hinreichend dargelegt, dass die Gesellschaften einen selektiven Vorteil im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV von den irischen Steuerbehörden erhalten haben. Zwar habe die Kommission, so das Gericht, das allgemeine irische Steuersystem, an dem sich die Steuervorbescheide messen lassen müssten, richtigerweise mit Blick auf die im Rahmen der OECD getroffenen Vereinbarungen bestimmt, insbesondere den Fremdvergleichgrundsatz. Die Kommission habe aber in ihrer Hauptargumentation zu Unrecht angenommen, dass sämtliche gewerbliche Einkünfte, die der Apple-Konzern durch Produktverkäufe außerhalb Nord- und Südamerikas erzielt habe, den irischen Niederlassungen der beiden Gesellschaften zugeordnet werden müssten. Hierfür hätte die Kommission vielmehr belegen müssen, dass diese Einkünfte der Wertschöpfung entsprachen, die durch die Aktivitäten in den irischen Niederlassungen generiert wurde.

In ihrer Hilfsargumentation habe die Kommission darüber hinaus nicht dargelegt, dass die Steuervorbescheide methodische Fehler aufgewiesen hätten, die ursächlich dafür gewesen seien, dass in Irland zu geringe Einkünfte zu versteuern gewesen seien. Die Zusatzargumentation der Kommission, dass die Steuervorbescheide deswegen selektiv gewesen seien, weil sie nicht nach objektiven für jeden Steuerzahler geltenden Maßstäben erteilt worden seien, sondern ausschließlich nach dem Ermessen der irischen Steuerverwaltung, sei ebenfalls nicht bewiesen worden.

Nach Ansicht des Gerichts reichen die von der Kommission festgestellten Mängel mithin für sich genommen insgesamt nicht aus, um das Vorliegen eines Vorteils im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV nachzuweisen.

Die Europäische Kommission kann gegen das Urteil des EuG innerhalb von zwei Monaten ab Zustellung Rechtsmittel zum EuGH einlegen.

Die deutsche Fassung des Urteils ist inzwischen verfügbar.

Update (02. Februar 2021)

Das Rechtsmittel der Europäischen Kommission gegen das Urteil des Gerichts der Europäischen Union im Apple-Fall (Rechtssachen T-778/16 und T-892/16) wurde am 25. September 2020 eingelegt und hat beim EuGH das Az. C-465/20 P. Dies wurde am 01. Februar 2021 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Fundstelle

Europäisches Gericht, Urteile vom 15. Juli 2020 - Irland / Kommission (T-778/16) und Apple Sales International und Apple Operations Europe / Kommission (T-892/16); EuG-Pressemitteilung Nr. 90/20 vom 15. Juli 2020.

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