Zuteilung von Aktien im Rahmen eines Spin Off
Das Niedersächsische Finanzgericht hat entschieden, dass die Zuteilung von Aktien im Zuge einer Umstrukturierung der Hewlett-Packard Company die Voraussetzungen einer Abspaltung im Sinne des § 20 Abs. 4a Satz 7 des Einkommensteuergesetztes (EStG) erfüllt. Damit kommt es im Zeitpunkt der Aktienzuteilung nicht zu einer nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG steuerpflichtigen Sachausschüttung.
Sachverhalt
In dem zu entscheidenden Sachverhalt hielt der Kläger Aktien der Hewlett-Packard Company (HPC) in seinem Depot, die er bereits vor dem 31. Dezember 2007 erworben hatte. Im Streitjahr 2015 änderte die HPC ihren Namen in HP Inc. (HPI). Anschließend übertrug die HPI ihr Unternehmenskundengeschäft im Wege eines Spin-off auf die bereits zuvor gegründete Tochtergesellschaft Hewlett-Packard Enterprise Company (HPE). Die Aktionäre der HPC erhielten für eine alte Aktie der HPC eine Aktie der umbenannten HPI und zusätzlich eine Aktie der HPE. Die depotführende Bank erfasste die Zuteilung der zusätzlichen Aktien an der HPE als steuerpflichtige Sachausschüttung und behielt Kapitalertragsteuer ein.
Das beklagte Finanzamt behandelte den Vorgang unter Hinweis auf die BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016 (BStBl I 2016, Seite 85) und vom 20. März 2017 (BStBl I 2017, Seite 431) als steuerpflichtige Sachausschüttung im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.
Richterliche Entscheidung
Das Niedersächsische Finanzgericht verneinte entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung die Steuerpflicht der Aktienzuteilung.
Die Klage war nur insoweit begründet, als das Finanzgericht noch die in einzelnen Monaten entstandenen Zuzahlungsüberhänge auf andere Monate des Streitjahres übertrug, in denen ein positiver zu versteuernder geldwerter Vorteil verblieben war. Für danach noch verbleibende Zuzahlungsüberhänge kam weder eine Berücksichtigung als negative Einnahmen noch als Werbungskosten in Betracht (entsprechend BFH, Beschluss vom 15. Januar 2018, VI B 77/17).
Entscheidend sei, dass die in der Anteilszuteilung liegende Sachausschüttung im Streitfall deshalb nicht zu besteuern sei, weil über § 20 Abs. 4a Satz 7 i.V.m. Satz 1 EStG eine (anteilige) Fortführung der Anschaffungskosten fingiert werde. Die ausschließlich Abspaltungen betreffende Vorschrift des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG verdränge als speziellere gesetzliche Regelung (lex specialis) die allgemeinere Regelung des § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG. Der Begriff der Abspaltung i.S.v. § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG sei nach Ansicht des erkennenden Senats (entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung - BMF-Schreiben vom 18.01.2016 - BStBl I 2016, 85) extensiv im Sinne einer typusorientierten Gesamtbetrachtung auszulegen. Ausgehend von einem solchen - weiten ‑ Auslegungsverständnis lägen im Streitfall die Voraussetzungen einer Abspaltung vor.
Das Niedersächsische Finanzgericht folgt mit dieser Entscheidung der Rechtsprechung anderer Finanzgerichte (siehe unseren Blogbeitrag) und hat die Revision im Hinblick auf die bereits beim Bundesfinanzhof zu dieser Rechtsfrage anhängigen Verfahren zugelassen.
Fundstelle
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 29. September 2020 (13 K 223/17), siehe den Newsletter 1/21 des Finanzgerichts; die Revision ist beim BFH unter dem Az. VIII R 27/20 anhängig.
Eine englische Zusammenfassung des Urteils finden Sie hier.