Grundsätze der Betriebsaufspaltung auch in grenzüberschreitenden Sachverhalten anwendbar

Der Bundesfinanzhof hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass die Grundsätze der Betriebsaufspaltung auch dann zur Anwendung kommen, wenn ein inländisches Besitzunternehmen ein im Ausland belegenes Grundstück an eine ausländische Betriebskapitalgesellschaft verpachtet.

Hintergrund und Sachverhalt

Die Klägerin, eine gemeinnützige rechtsfähige Stiftung mit Sitz im Inland, ist Alleingesellschafterin der A B.V., einer niederländischen Kapitalgesellschaft in X (Niederlande). Die Klägerin verpachtet ein in X belegenes Grundstück an die A B.V., das diese zur Ausübung ihrer operativen Geschäftstätigkeit als Betriebsgrundstück nutzt. Das Grundstück in X wird - wie bereits zuvor - an einen fremden Dritten verpachtet. Im Streitjahr (2012) schüttete die A B.V. eine Dividende an die Klägerin aus. Das Finanzamt stellte die Gewinnausschüttung bei der Klägerin von der Besteuerung frei, rechnete jedoch 5 % hiervon gemäß § 8b Abs. 5 Körperschaftsteuergesetz (KStG) als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben dem Gewinn wieder hinzu. Hiergegen wendete sich die Klägerin.

Das Finanzgericht Köln hat durch Urteil vom 31. August 2016 (10 K 3550/14) entschieden, dass die Besteuerung von 5% der Dividende als nichtabziehbare Betriebsausgabe gemäß § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG nicht abkommenswidrig ist. Hinsichtlich der Besteuerung von Betriebsausgaben, die im Zusammenhang mit Schachteldividenden stehen, enthalte das DBA-Frankreich somit entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung keine andere Regelung als andere DBA; es erlaubt dem Ansässigkeitsstaat des Dividendenempfängers (Deutschland) die Besteuerung nach Maßgabe seines innerstaatlichen Steuerrechts.

Mit Beschluss vom 16. Januar 2019 hatte der BFH das Bundesministerium der Finanzen aufgefordert, dem Verfahren beizutreten und zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die Grundsätze der Betriebsaufspaltung in grenzüberschreitenden Sachverhalten nur dann anzuwenden sind, wenn es zu einer Schmälerung des inländischen Steueraufkommens kommt. Strittig ist in dem Verfahren neben der Anwendung der Schachtelstrafe in § 8b Abs. 5 KStG trotz DBA-Schachtelprivileg, ob die Besteuerungsfolgen einer Betriebsaufspaltung auch in der Konstellation Besitzgesellschaft im Inland und Betriebsgesellschaft im Ausland eingreifen und ob daher die betreffenden Dividendeneinkünfte überhaupt im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der steuerbefreiten Klägerin zu erfassen sind.

Entscheidung des BFH

Unabhängig von der Begründetheit der Revision aus verfahrensrechtlichen Gründen hat der BFH das Vorbringen der Klägerin in der Sache selbst als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzgericht habe im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Dividendenzahlung im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs i.S. des § 14 Abgabenordnung (AO) erfolgt und die Klägerin insoweit nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreit ist.

Durch die Verpachtung des Grundstücks von der Klägerin an die B B.V. sind die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung (sachliche und auch personelle Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen) erfüllt, die zu einer originär gewerblichen Tätigkeit der Klägerin führt und gleichfalls einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellt. Die personelle und sachliche Verflechtung liege, so der BFH, aufgrund der 100 %-igen Beteiligung der Klägerin an der B B.V. sowie der Verpachtung des der B B.V. als Geschäftslokal dienenden Grundstücks durch die Klägerin vor. Etwas anderes ergibt sich auch nicht für die vorliegende Konstellation eines "inländischen Besitzunternehmens" und einer "ausländischen Betriebsgesellschaft". Der Begründung eines Gewerbebetriebs der Klägerin durch Verpachtung des Grundstücks stehe es nicht entgegen, dass die B B.V. in Deutschland nicht der Gewerbesteuer unterliegt und sich auch ansonsten keine Auswirkungen auf das deutsche (Ertrag-)Steueraufkommen ergeben.

Zwar werde im Schrifttum eine grenzüberschreitende Betriebsaufspaltung in der vorliegenden Konstellation generell abgelehnt, weil es den Regelungen der Abkommen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung widerspräche, wenn ausländische Vermietungseinkünfte zu gewerblichen Einkünften umqualifiziert würden. Dem schließt sich der BFH aber aus den folgenden Gründen nicht an. Maßgeblich sei der "einheitliche geschäftliche Betätigungswille" der hinter den beiden Unternehmen stehenden Personen. Dieser hebt die Vermietungstätigkeit des Besitzunternehmens deutlich von einer "normalen" Vermietung mit der Folge ab, dass hinsichtlich der Tätigkeit des Besitzunternehmens von einer originär gewerblichen Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) auszugehen ist. Auf dieser Grundlage gebe es keinen sachlichen Grund, bei der Qualifikation der Einkünfte des Besitzunternehmens danach zu differenzieren, ob sich das im Streitfall überlassene Geschäftsgrundstück - aus Sicht des Besitzunternehmens - vor oder hinter der Landesgrenze befindet.

Nach dem im Streitfall noch anwendbaren DBA-Niederlande 1959 hat der Wohnsitzstaat gemäß Art. 13 Abs. 1 DBA-Niederlande 1959 das Besteuerungsrecht für Dividendeneinkünfte. Denn bei den Ausschüttungen der B B.V. handele es sich um Dividenden i.S. des Art. 13 Abs. 1 DBA-Niederlande 1959 und nicht um Unternehmensgewinne. Dies würde nämlich voraussetzen, dass die Klägerin (aktive) Unternehmensgewinne erwirtschaftet. Hieran fehlt es jedoch im Streitfall. Denn die Einkünfte der Klägerin resultieren aus der Vermietung des Betriebsgrundstücks an die B B.V. sowie aus Ausschüttungen von der B B.V. Unerheblich ist, dass die Einkünfte aus deutscher Sicht nach den Grundsätzen der Betriebsaufspaltung als gewerblich anzusehen sind.

Fundstelle

BFH-Urteil vom 17. November 2020 (I R 72/16), veröffentlicht am 14. Mai 2021

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